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DAS GEFECHT BEI EBELSBERG AM 3. MAI 1809
Die Lage vor dem 10. April 1809
Zum Jahresende 1808 stand ein neuerlicher Krieg zwischen Österreich und Frankreich bereits ausser Frage. In Wien glaubte man dabei an echte Chancen: Napoleon war - um die englische Kontinentalsperre zu sprengen - in Spanien und Portugal eingefallen, stiess aber auf einen dermassen heftigen Widerstand, dass er sich stärker als geplant engagieren musste und deshalb für den mittel europäischen Schauplatz als geschwächt erschien. Erzherzog Karl allerdings war anderer Meinung: er wusste, dass die Heeresreform noch lange nicht als ab geschlossen gelten konnte, und bezeichnete die Hoffnung, dass die deutschen Staaten an die Seite Österreichs treten würden, als Illusion. Dessenungeachtet rüstete man in der Donaumonarchie weiter und drängte schon aus finanziellen Gründen zum Losschlagen, denn jeder Friedenstag half jene Mittel verschlingen, die man für den Krieg - mühsam genug - bereitgestellt hatte.
Napoleon kam das alles nicht überraschend. Er ordnete daher die Aufstellung einer Rheinarmee an, die aus vier ursprünglich für den Einsatz in Spanien bestimmten Divisionen unter dem Befehl Marschall Massenas bestand und sich bei Metz und Strassburg zu versammeln hatte. Marschall Davout wurde angewiesen, vier von den sechs in Deutschland stationierten Divisionen im Raum Bamberg – Nürnberg - Regensburg zusammenzuziehen; gleichzeitig wurden die Rheinbundkontingente aufgeboten. Als Stützpunkt für den gesamten Aufmarsch war Augsburg ausersehen, das Oudinot mit zwei Grenadierdivisionen von Frankfurt am Main aus erreichen sollte.
Um diese Zeit - Mitte Februar 1809 - lagen die österreichischen Kriegspläne fest; man wollte an drei Fronten kämpfen: mit der Hauptarmee unter Erzherzog Karl in Deutschland und mit je einer Armee unter Erzherzog Johann in Italien beziehungsweise unter Ferdinand d'Este in Polen. Den Volksaufstand in Tirol hatte ein Truppenkorps unter Feldmarschalleutnant Chasteler zu unterstützen. Als wesentlich wurde das Überraschungsmoment angesehen, vor allem hinsichtlich des deutschen Kriegsschauplatzes, denn es musste verhindert werden, dass Napoleon Zeit fand, Truppen aus Spanien abzuziehen. Man verfügte über mehr als 650.000 Mann, wovon 175.000 Mann mit 500 Geschützen die Westgrenze überschreiten sollten, weitere 25.000 bis 30.000 Mann hatten rasch zu folgen.
Leider erwies sich die Hoffnung, dass diese Kräfte eine echte Überlegenheit darstellten, als trügerisch. Insgesamt gebot Napoleon über 850.000 Mann, von denen rund 200.000 in Deutschland standen, und zwar 80.000 bis 90.000 in Mitteldeutschland und 10.000 in den Hansestädten; dazu kamen 100.000 Mann Rheinbundtruppen. Tatsächlich gelang es Napoleon auch, bis zum 20. April im Raum der oberen Donau 160.000 Mann und 300 Geschütze zu versammeln; der Kaiser brauchte sich daher zunächst nicht um Verstärkung aus Spanien umzusehen.
Die Österreicher planten, den Hauptstoss von Böhmen aus in Richtung Regensburg zu führen, um Davout nördlich der Donau abzudrängen und seine Vereinigung mit den vom Rhein herangeführten Kontingenten zu verhindern. Überdies sollte eine schnelle Entscheidung erzielt werden; Erzherzog Karl dachte an eine Schlacht, in der er in örtlichen Gefechten die in Deutschland befindlichen französischen Kräfte sukzessive zu schlagen hoffte. Dementsprechend vereinten sich in Böhmen von den zur Verfügung stehenden neun Infanterie- und zwei Reservekorps sechs Korps. In Oberösterreich standen zwei Korps, im Raum Klagenfurt - Laibach gleichfalls zwei Korps - sie sollten in Italien einfallen. Ein Korps marschierte bei Krakau auf. Jedes Korps bestand im allgemeinen aus zwei Divisionen zu je zwei Brigaden, bei jeder Brigade war eine Batterie zu acht Geschützen eingeteilt. Ausserdem hatte jedes Korps eine Avantgardedivision zu zwei gemischten leichten Brigaden und eine Artilleriereserve von fünf bis sechs Batterien. Das ergab pro Korps 27 bis 31 Bataillone, 16 bis 24 Eskadronen, 10 bis 14 Batterien; in Summe 25.000 bis 30.000 Mann, 2.400 bis 3.600 Reiter und 70 bis 96 Geschütze. Die Reservekorps vereinigten die schwere Kavallerie und die Grenadiere.
Ende März verfügte Napoleon über fünf Korps und eine Reservedivision, und zwar über das VII. Korps (Lefebvre), das mit drei Divisionen bei München, Landshut und Straubing hielt, über das III. Korps (Davout), das mit vier Divisionen gegen Bamberg rückte, über das II. Korps (Qudinot), dessen zwei Divisionen Augsburg erreicht hatten, über das IV. Korps (Massena) mit vier Divisionen – das ursprünglich gegen Tirol vorrückte, dann aber nach Augsburg zurückgerufen wurde, wo es auch am 10. April eintraf - und über das VIII. Korps (Vandamme), das sich im Lager von Aalen - Heidenheim sammelte. Die Reservedivision stand bei Ansbach. Insgesamt machte dies 16 lnfanteriedivisionen auf einer Frontlänge von etwas mehr als 200 Kilometern aus.
Von dem Aufmarsch Napoleons hatte man im österreichischen Lager zunächst keine Ahnung. Erst Anfang März, als sich die Korps bereits in Böhmen sammelten, verdichteten sich die Nachrichten, dass Davout in Nürnberg, in Bamberg und vielleicht in Regensburg einmarschiert sei und dass starke Kräfte den Lech erreicht hätten: der Stoss aus Böhmen war damit sinnlos geworden.
Erzherzog Karl entschloss sich daraufhin zu einer grossangelegten Rochade: die Armee hatte sich nun südlich der Donau, in Oberösterreich, zu konzentrieren. So marschierten vier von den sechs nach Böhmen dirigierten Korps mit viel Mühe in Richtung Budweis und Linz und von dort an den Inn. Der Zeitverlust, der dadurch entstand und der es Napoleon ermöglichte, seine Operationsarmee unter der Führung Berthiers erst zu konzentrieren, betrug "etliche Tage", durchaus objektive Stimmen sprachen sogar von drei Wochen. Wie dem auch sei, das Überraschungsmoment war damit gänzlich weggefallen. Immerhin: am 9. April standen die österreichischen Truppen endlich am Inn in ihrer Ausgangsposition - müde, verdrossen, bereits hungrig - und erhielten den Vormarschbefehl für den nächsten Tag.
Das ,,Unglück von Regensburg"
Die österreichische Armee überschritt den Inn an drei Stellen: bei Schärding (IV. Korps und 1. Reservekorps), bei Obernberg (III. Korps) und bei Braunau (VI. und V. Korps und II. Reservekorps): die Front war damit etwa 50 km breit. Von einem Widerstand konnte keine Rede sein: die schwachen bayerischen Kavalleriepatrouillen ermöglichten kaum die gewünschte Fühlungnahme.
Trotzdem erreichte man Landshut an der Isar erst am 16. April, also am siebenten Marschtag - ein Grund, heftige Kritik auszulösen; aber das überaus schlechte Wetter - es regnete pausenlos -, die tief aufgeweichten Strassen und das stete Warten auf Nachschub liessen bessere Leistungen nicht zu. Ausserdem war man sofort in den alten Trott verfallen und marschierte in "engem Èchiquier".
Bei Landshut stiess das V. Korps am 16. April endlich auf den Feind: es war jedoch nur eine schwache bayerische Division, die sich nach kurzem Kampf zurückzog. In den folgenden Tagen trat die österreichische Armee fast auf der Stelle, obwohl Erzherzog Karl plante, ,,sich zwischen Davout, der nach den Meldungen noch im Marsch von Nürnberg nach Ingolstadt war, und die Bayern, die man im Rückzug auf den richtig bei Augsburg gemeldeten Massena vermutete, hineinzudrängen, die Donau bei Kehlheim - Neustadt zu überschreiten, sich bei Eichstätt an der Altmühl mit dem 1. Korps zu vereinigen und dann über Davout herzufallen."
In Wirklichkeit freilich stand aber Davout bereits in Regensburg, und die beiden böhmischen Korps waren genauso langsam vorgerückt wie die Hauptarmee. Karls "schöne strategische Konzeption" wurde dadurch nicht nur illusorisch, sondern trug auch schon den Keim einer schweren Niederlage in sich, denn Napoleon setzte nun wie ein genialer Schachspieler zum Gegenangriff an. Er hatte vom Übergang der Österreicher über den Inn durch den optischen Telegraphen München - Paris erfahren und traf bereits am 17. April frühmorgens in Donauwörth ein.
Napoleon erkannte die Situation nicht sofort. Er wusste lediglich, dass Erzherzog Karl über Landshut hinaus vorgedrungen war, und bemühte sich deshalb, die Armee zwischen Pfaffenhofen und Geisenfeld zu sammeln. Seine Hauptsorge galt Davout, der - abgetrennt - leicht geschlagen werden konnte. Er befahl daher gegen Abensberg zu marschieren. Diese Order erreichte Davout erst am 18. April um etwa 8 Uhr morgens. Nichtsdestoweniger wartete dieser noch gewissenhaft auf die Division Friant und rückte am 19. April in vier Kolonnen in Direktion Augsburg vor. Dabei stiess er - ziemlich unvermutet - bei Hausen auf den linken Flügel der Österreicher, die sich von Rohr aus gegen Regensburg bewegten. Es kam zu einem Kampf bei dem die Weissröcke schliesslich unterlagen. Aber das spielte taktisch kaum eine Rolle: was viel schwerer wog, war der Durchbruch der Franzosen bei Abensberg direkt - erzwungen von Lefebvre und von Massena blendend unterstützt, der nach gewaltigen Marschleistungen nun die Masse seiner Truppen ebenfalls einzusetzen vermochte. Damit war es Napoleon gelungen, seine ganze Armee auf einer Frontlinie von 50 bis 60 Kilometer zu vereinen.
Erzherzog Karl blieb der Ernst der Lage am 19. April abends nicht verborgen: er wusste, dass Davout ihm im letzten Augenblick entwichen war. Er entschloss sich daher zu einer Aufstellung, die für seinen überlegenen Gegner geradezu eine Herausforderung bedeuten musste: die Hauptmasse des Heeres wandte sich nach wie vor gegen Regensburg mit dem operativen Ziel, die Stadt zu nehmen und damit die Verbindung mit den "böhmischen" Korps zu gewinnen; der Rest sicherte gegen Landshut. Die Verbindung war der Brigade Thierry übertragen worden, die schliesslich die ganze Wucht des feindlichen Angriffes auf sich zog. Zum Unterschied von Napoleon suchte Karl vor allem nach taktischen Erfolgen, die auch nicht ausblieben: das II. Korps unter Kolowrat nahm tatsächlich Regensburg, wo freilich Davout nur ein Regiment als Rückendeckung stehengelassen hatte, sodass man österreichischerseits ernsthaft daran denken konnte, die Offensive gegen Ingolstadt fortzusetzen.
Mittlerweile jedoch - man schrieb den 20. April 1809 - war über Karls linken Flügel die Katastrophe hereingebrochen. Lannes ging gegen die ihm weit unterlegene Brigade Thierry vor, und die Truppen Lefebvres, Wredes und Vandammes stürmten gegen das V. Korps. Mit einem Schwerthieb trennte Napoleon das V. und VI. Korps sowie das II. Reservekorps von der Hauptarmee, bei der man von diesem Debakel nichts wusste und immer noch von einem erfolgversprechenden Angriff träumte.
Dabei gilt es ehrlich zu sein: auch Napoleon war sich über die Lage keineswegs im klaren. Noch am Abend des 20. April gab er Befehle aus, die heute etwas seltsam klingen: so vermutete er vor sich einen viel stärkeren Gegner, und Davout wies er an, doch ,,endlich einmal aufzuräumen".
Das liess sich Davout nicht zweimal sagen: bereits in den Morgenstunden des 21. April wurde er offensiv. Doch als seine Truppen die Höhe von Eggmühl erreichten, erkannte er, dass er auf die Hauptmacht der Österreicher gestossen war und dass es hier um mehr ging als um ein ,,Aufräumen".
Napoleon wurde von dieser Tatsache durch Davouts Generaladjutanten in der Nacht vom 21. auf den 22. April im Landshuter Quartier unterrichtet und wusste sofort, was zu tun sei: er schickte sämtliche Divisionen, deren er habhaft werden konnte, und Massena in Richtung Eggmühl. Aber auch Erzherzog Karl sah nun die Dinge im richtigen Licht: er verzichtete auf ein Vorgehen im Altmühltal Richtung Ingolstadt und riss an sich, was er nur konnte, darunter das II. Korps unter Kolowrat, das schon bis Hemau vorgedrungen war.
Der 22. April musste demnach die erste Entscheidung in diesem Feldzug bringen. Karl, sich stützend auf Regensburg und 85.000 Mann kommandierend, rückte zur Mittagsstunde auf einer 15 Kilometer breiten Front zwischen Eggmühl und der Donau gegen die Franzosen vor. Etwa zur selben Zeit traf Napoleon mit Lannes und Vandamme auf dem Schlachtfeld ein und wurde - er verfügte nun über 100.000 Mann - offensiv. Der Angriff traf vor allem Karls linken Flügel, der schliesslich um 16 Uhr seine Stellungen aufgab. Dadurch wurde Erzherzog Karl gezwungen, sämtliche Pläne zurückzustellen und sich auf Regensburg zu konzentrieren.
Einen Tag später überschritt er hier - hervorragend gedeckt durch ein Kavallerietreffen unter Liechtenstein - die Donau und befahl seiner Armee den Rückzug nach Cham im Bayerischen Wald; womit diese für die nachfolgenden Betrachtungen weitgehend ausscheidet. Napoleon aber hatte einen seiner grössten Triumphe erlebt, zwar nicht für jedermann sichtbar, aber er selbst empfand mit Recht den Auftakt zum Feldzug von 1809 als eine seiner bedeutendsten Leistungen, als eine Tat, die dank eines energischen Auftretens, dank der Umsicht der Unterführer und dank der Leistungen der Truppe einen vollen Erfolg garantierte. Den Weg nach Wien versperrten ihm nur noch die abgesprengten drei Armeekorps, die unter das Kommando von Feldmarschalleutnant Hiller gestellt worden waren, und Napoleon war überzeugt, dass es lediglich eines kräftigen Nachstossens bedurfte, um die Entscheidung für sich zu erzwingen: der geschlagenen österreichischen Hauptarmee in Böhmen sollten deshalb einzig Davout und Montbrun folgen - er selbst zielte ausschliesslich in Richtung Wien.
Feldmarschalleutnant Hiller jedoch entschied folgerichtig, dass er auf jeden Fall die Verbindung zur Hauptarmee wiederherstellen musste, da er ja über ihr Schicksal vollkommen im unklaren war. So lieferte er am 24. April das Gefecht bei Neumarkt, mit dem es ihm gelang, seine - übrigens etwas zaghaften - Verfolger Bessieres und Wrede zu werfen. Hiller berichtet darüber: "Nachdem ich die Truppen in der neuen Aufstellung in Ordnung gebracht und wieder mit allem versehen hatte, auch mir die Nachricht zugekommen, dass der Feind mich als schon gänzlich aufgerieben und nachlässig behandelte, fasste ich den Entschluss, denselben wieder anzugreifen und nach Umständen so weit wie möglich zurückzuschlagen. Ich erteilte hierwegen meine Disposition... . Eine Stunde vor Neumarkt traf ich den Feind aufgestellt an; so wie die Kolonne anlangte, wurde selbe zum Angriff auf ihre Bestimmung geführt; in einer Zeit von zwei Stunden waren alle Truppen der beiden Armeekorps im Gefecht, und als eben das Reservekorps zurückte, wurde der Feind nach einem dreistündigen Raufen gezwungen, die Position vor Neumarkt zu verlassen und sich hinter Neumarkt über den Rottbach zurückzuziehen. Dieser Rückzug war sozusagen das Signal, den Feind mit aller Gewalt anzufallen. Das Aneifern der Truppe brachte selbe in eine solche Tätigkeit, dass das ganze Zentrum sich nicht mehr mit Plänkeln abgegeben, sondern wütend den Feind mit dem Bajonett angefallen und selben dergestalt geworfen, dass es vor lauter Leichen nicht mehr möglich war, nach Neumarkt zu kommen, ohne solche aus dem Weg zu schaffen. Ein grosser Teil, welcher die Brücke bei Neumarkt über die Rott nicht mehr erreichen konnte und über den Morast setzen wollte, ging in selbem zugrunde. Mit einem Wort: in einer Zeit von dreiviertel Stunden war der Sieg vollkommen, und die Niederlage des Feindes zwang denselben, mit dem noch übriggebliebenen kleinen Teil eiligst die Flucht zu ergreifen. Sein Verlust bestand in 887 Gefangenen, worunter vier Stabsoffiziere und 23 Offiziere waren, und bei 3.000 Mann blieben auf dem Walplatz... . Nach diesem glücklichen Ereignis war ich entschlossen, meinen Sieg zu verfolgen und wenigstens wieder bei Landshut über die Isar zu gehen; allein alle Nachrichten trafen darin überein, dass Marschall Massena mit seinem Korps in eben dem Augenblick vorrücken wollte, als Bessieres mit seinen Trümmern dortselbst anlangte und dass auch Kaiser Napoleon seine Armee dort aufstelle, weil der E. H. Generalissimus K. H. bei Regensburg geschlagen und sich über die Donau zurückgezogen hätte. Da ich nun ausser dieser Nachricht von S. K. H. dem E. H. Generalissimus keine andere hatte, so blieb mir wohl nichts anderes übrig, als mich wieder bei Oetting hinter den Inn zu setzen und dort nach Umständen das weitere zu veranlassen."
Hiller "veranlasste" den allgemeinen Rückzug, und es blieb ihm tatsächlich kaum eine andere Wahl, denn einerseits wusste er nun vom Regensburger Debakel wenn auch nicht sehr viel Sicheres, eine direkte Nachricht Karls erreichte ihn erst am 28. April -, und anderseits empfahl ihm Kaiser Franz, die Truppen zu schonen und nichts unversucht zu lassen, dem Feind ernsthaften Widerstand zu leisten, ein Hinweis, der später sehr wesentlich zur Situation von Ebelsberg beitrug. Hiller fühlte sich von nun an gebunden, er hatte eine Verantwortung zu tragen, die ihn bedrücken musste und auch - sei's wie immer - bedrückte. Dazu geriet er in zwei Kreise: den einen zog Erzherzog Karl, den anderen der Kaiser. Diesem ging es in erster Linie um den Schutz seiner Residenzstadt und um die Erhaltung der Armee, Karl hingegen dachte an einen Angriff von Böhmen aus auf die Donaulinie, womit er Napoleon in die Flanke gekommen wäre. Dazu aber wollte er sich mit Hiller vereinigen: in Linz, in Mauthausen oder in Krems. Diese seltsamen und verwirrenden Befehlsverhältnisse, das Eingreifen Kaisers Josef in Entscheidungen, die er vielfach nicht beurteilen konnte und die nur Erzherzog Karl hätte fällen dürfen, und die deutlich merkbare Aversion im Stabe Karls gegen Hillers Führung und Stellung machten den Feldmarschalleutnant nicht nur kopfscheu, sondern erzeugten in ihm einen Widerstand, der vieles verdarb und letztlich auch die Tragödie von Ebelsberg - und Ebelsberg war wirklich eine Tragödie - heraufbeschwor.
Vom Inn zur Traun
Die Armeegruppe Hiller erreichte am 26. April 1809 Braunau und Burghausen. Am selben Tag kam aber auch die Division Legrand an den Inn, und zwar bei Schärding. in dieser befestigten Stadt sammelten sich die Österreicher unter Feldmarschalleutnant Dedovich: zwei Kompanien IR Schröder Nr.7, III Bataillon IR Chasteler, IR Mittrowsky, Württemberginfanterie, Gradiskaner, Ulanen und vier Landwehrbataillone.
Als diese Einheiten am Vormittag des 26. April jenseits des Inn badensische Dragoner meldeten, eröffnete die Standortartillerie - zwei Kanonen und eine Haubitze - das Feuer, worauf die Badenser in Deckung gingen. Mit dein Eintreffen Legrands änderte sich die Situation allerdings sofort; es wurde eine reitende Halbbatterie vorgezogen, die das österreichische Feuer verstummen liess; gleichzeitig nisteten sich am linken Innufer etliche französische Voltigeurkompanien und das badensische Jägerbataillon Lingg ein.
Um etwa 15.30 Uhr sandte Legrand einen Parlamentär nach Schärding, um die Stadt zur Übergabe aufzufordern: Dedovich lehnte ab. Das Ergebnis war dementsprechend: Legrand liess seine gesamte Artillerie auffahren - 24 Geschütze -, und ein Grossteil von Schärding sank in Schutt und Asche. Schliesslich blieb Dedovich kein anderer Ausweg, als den Rückzug anzutreten, der fast in eine Flucht ausartete. Um 18 Uhr übersetzten ein Offizier und 25 Voltigeurs des 26. leichten französischen Infanterieregimentes den lnn und nahmen Schärding.
Diese Nachricht traf Hiller wie ein Blitz aus einem noch einigermassen heiteren Himmel. Er war sich bewusst dass nun der Weg nach Linz und Wien für den Feind offenstand - nur ein Wunder konnte die Lage entschärfen. Und das Wunder trat ein. Marschall Massena - der Höchstkommandierende im Raum Schärding - rückte drei Tage lang nicht weiter vor, sodass Hiller seine Anweisungen treffen konnte: Bianchi hatte auf der Linie Eferding - Linz den allgemeinen Rückzug zu decken, Schustekh zwischen Obernberg - Grieskirchen - Wels, und Radetzky sollte den Raum Ried – Lambach - Wels sichern. Feldmarschalleutnant Dedovich wurde befohlen, die Strecke Passau - Schärding zu verteidigen und nur im äussersten Notfall über Eferding zu retirieren.
Doch dem tatkräftigen und angriffslustigen Massena gefiel die Ruhepause in Schärding gar nicht. So befahl er am 29. April eine scharf Richtung Obernberg und den Angriff gegen die österreichischen Vorposten entlang des Antiesenbaches. Die französischen Kolonnen einerseits, in Richtung Obernberg, das 14. Jägerregiment zu Pferd, ein Kürassierregiment und fünf Infanteriekompanien unter Massenas Adjutanten, Major Sainte Croix, anderseits die Brigade Coehorn und Teile der Kavalleriedivision Espagne – stiessen sehr bald auf die Brigaden Radetzky und Reinwald, die freilich dem Druck nicht standzuhalten vermochten und im Sinne Hillers den Rückzug antraten: zuerst Reinwald, dann Radetzky, der Aurolzmünster erreichte, nicht ohne auf Deckungen in St. Martin, Utzenaich und Forchtenau zu verzichten. Am 29. April standen Lannes und Oudinot bei Ried, Massena in Sigharting und Vandamme bei Riedau.
Zu diesem Zeitpunkt war Napoleon bereits überzeugt, dass Erzherzog Karl nichts unversucht lassen werde, ihn beim Marsch nach Wien zu überflügeln und sich am rechten Donauufer mit Feldmarschalleutnant Hiller zu vereinen, um es noch vor der Hauptstadt - vielleicht im Raum von St. Pölten - auf eine Schlacht ankommen zu lassen. Er drängte daher zu grösster Eile. Dabei machte Napoleon Marschall Massena bereits auf Ebelsberg aufmerksam: ,,Wenn der Feind die Traun verteidigen will, wählt er sicher die ihm vorteilhafte Stellung bei Ebelsberg." Gleichzeitig aber wies er Massena an, es auf keinen ernsthaften Kampf ankommen zu lassen, denn "die Räumung dieser Stellung würde durch den Übergang der Hauptkolonne bei Lambach ohne Kampf erzwungen werden." Auch die Enns erschien den Franzosen als kein entscheidendes Hindernis, denn hier war eine Umgehung - von Steyr her - ebenfalls möglich. Napoleons Plan ging also dahin, mit voller Kraft gegen Wien vorzustossen, ehe ihm Erzherzog Karl in den Weg treten konnte.
Mittlerweile war es Hiller endlich klargeworden, wer sein eigentlicher Gegner war: ,,Den 29. April erreichte ich mit dem Gros meiner Truppen Ried. Ich erstattete gleich bei meinem Eintreffen allda S. K. H. dem E. H. Generalissimus Bericht. Ich hatte freilich meine Streitkräfte in diesem Bericht mit Inbegriff der Landwehr Bataillone stärker als jene des Feindes angegeben, weil ich mich noch nicht überzeugen konnte, dass selber mit seiner ganzen Macht bloss gegen mich sein und gegen die Armee bei Budweis gar nichts sollte detachiert haben; allein gleich den anderen Tag war ganz sicher der französische Kaiser mit der ganzen Macht gegen mich...."
An diesem ,,anderen Tag" - es war der 30. April 1809 - geschah aber noch mehr: Hiller begegnete in Haag am Hausruck Erzherzog Maximilian, der ihm das Kommandeurkreuz des Theresienordens überbrachte und ihm mitteilte, dass nun Linz die Basis für die weiteren Operationen darstelle, dass dort der Donauübergang stattfinden solle, womit die Vereinigung der beiden Heeresgruppen gesichert sei: "Linz wurde bereits in Verteidigungszustand gesetzt."
All das gab Hiller einen gewaltigen Auftrieb, der schliesslich sogar den Plan auslöste, offensiv zu werden. Dabei spielten auch Unlustgefühle und irritierende Meldungen eine Rolle: so empfand Hiller das rasche Aufgeben der Innlinie als übereilt, und die Nachricht, dass der Feind südlich von Schärding den Rückzug angetreten habe - in Wirklichkeit sammelte Massena seine Truppen nur -, schuf falsche Vorstellungen.
Die Realität brachte der 1. Mai 1809 zutage: die Gefechte von Polling, wo sich 17 Offiziere und 910 Mann des Broder Grenzregimentes und zwei Offiziere und 247 Mann des 6. Jägerbataillons dem französischen 7. und 20. Jägerregiment zu Pferd ergeben mussten, zu Riedau, Kallham und Neuhofen - Tumeltsham zeigten deutlich, dass Hiller keineswegs imstande war, das Geschehen in seinem Sinne zu ändern. Das beste Beispiel dafür liefert das Treffen zu Riedau am Nachmittag des 1. Mai: Feldmarschalleutnant Schustekh hatte Hillers Offensivbefehl etwa gegen 12 Uhr erhalten. Er war sich sofort bewusst, dass er zu einem Angriff nicht befähigt sei, aber um zumindest einigermassen den Anordnungen zu entsprechen, schickte Schustekh das III. Bataillon der Klebek-Infanterie und zwei Eskadronen der Kienmayer-Husaren gegen Riedau. Dabei stiess man etwa drei Kilometer ostwärts des Ortes auf ein Bataillon des 4. französischen Linienregimentes.
Der Angriff der Österreicher auf dieses Bataillon misslang. Sie mussten sich zurückziehen, und nur dank dem Eingreifen des II. und später des I. Bataillons Klebek wurde eine Katastrophe verhindert. Um 18 Uhr zogen sich die Franzosen auf Riedau zurück, nachdem sie die Brücke nördlich Wiesing zerstört hatten. Auch die Klebek-lnfanterie marschierte nach Neumarkt ab. Es blieb nur eine Husarendivision unter Major Demeter von Radubicky. Sie stellte die Brücke wieder her und patrouillierte bis Riedau, das um 3 Uhr des 2. Mai von der Kavalleriedivision Marulaz endgültig besetzt wurde. Heftiges Feuer vertrieb schliesslich die österreichischen Husaren: Hillers Offensivpläne waren restlos gescheitert.
Am 2. Mai erreichte Hiller Linz. Von "Verteidigungsmassnahmen" war hier so gut wie nichts zu sehen, weshalb sich Feldmarschalleutnant Hiller entschloss, seinen Rückzug in Richtung Wien fortzusetzen: Traun und Enns bildeten immerhin natürliche Hindernisse. Zu diesem Entschluss trug auch ein Befehl Erzherzog Karls bei, in dem es hiess: "Ich werde mit der Armee am 4. in Budweis eintreffen und trachten, die Donau bei Linz, Krems oder Wien zu erreichen. Mein Zweck ist, die Vereinigung mit Ihnen zu suchen. Trachten Sie daher, Ihren Rückzug an der Donau zu nehmen" - im Konzept lautete es allerdings: "Ihren Rückzug an die Donau zu nehmen" -, "und unterrichten Sie mich laufend von Ihren Verhältnissen."
Hiller musste sich demnach entscheiden, und er entschied: er befahl, die Donaubrücke in Brand zu setzen und ordnete für den 3. Mai den Rückzug über die Traun an. Mittlerweile gab es noch eine Reihe von schweren Gefechten.
So hatte Marschall Massena am 2. Mai um 4 Uhr Sigharting verlassen. Seine Tete führte Adjutant-Kommandant Trenquallye, der fünf Stunden später in Eferding eindrang. Ihm stand Generalmajor Bianchi mit Duka-lnfanterie, Gyulai-Infanterie, den Rosenberg-Chevaulegers und den Stipsicz-Husaren gegenüber. Der Zusammenstoss erfolgte bei Raffelding um etwa 10 Uhr vormittags und endete mit einem Misserfolg der Österreicher; dass Bianchi seine Brigade einer völligen Niederlage entziehen konnte, verdankte er nur einer Atempause, die ihm der Gegner liess.
Auch Schustekh wurde bei Pötting in ein schweres Gefecht verwickelt, bei dem Marulaz ebenfalls die Oberhand behielt. Immerhin gelang es den Österreichern, Marulaz nicht nur zum Halten, sondern zu einem Ausweichen auf die Linie Kallham - Eferding zu zwingen.
Das schwerste Gefecht hatte die Brigade Radetzky zu bestehen. Sie befand sich auf dem Rückzug von Lambach nach Wels. Generalmajor Radetzky hoffte, sich bis zur anbrechenden Nacht halten zu können, um Schustekh den Weg an die Traun offenzuhalten, was ja auch tatsächlich gelang. Radetzky liess deshalb zwei Eskadronen der Erzherzog-Karl-Ulanen nördlich von Lambach als Nachhut zurück. Diese wurden jedoch im ersten Ansturm geworfen, worauf Radetzky - er erhielt für diese Waffentat das Kommandeurkreuz des Theresienordens - die gesamte Waldlisiere längs der Traun mit Gradiskaner Grenzern besetzte. Bei Einbruch der Dämmerung zog er seine Brigade in Richtung Wels zurück.
In diesem Augenblick befahl Napoleon - er hatte persönlich die Ereignisse beobachtet - anzugreifen. Die französische Kavallerie - 1. und 2. Jägerregiment unter Jacquinot - trieb die österreichischen Vorposten rasch vor sich her, geriet aber dadurch in das flankierende Feuer der Grenzer; ausserdem drehten die Erzherzog-Karl-Ulanen um und begannen ihrerseits mit der Attacke, die auch sehr bald erfolgreich verlief. Erst als Radetzky erfuhr, dass weitere französische Verstärkungen zu erwarten seien, löste er sich vom Feind: immerhin hatte der Gegenstoss bewirkt, dass die Brigade Radetzky ihren Rückzug in Ordnung fortsetzen konnte.
Am Abend des 2. Mai 1809 sah die Lage folgendermassen aus: das Gros der Österreicher war im Raum von Linz versammelt, davon hielten die Wiener Freiwilligenbataillone 4 bis 6 bereits um Ebelsberg. Radetzky hatte Marchtrenk passiert und zog sich entlang der Traun - wo von der Alm ab die Brigade Nordmann sicherte - in Richtung KIeinmünchen zurück. Die Brigade Bianchi biwakierte vor Wilhering im Donautal, und nördlich der Donau standen die Gruppen Oberst Hardegg und Generalmajor Richter. Am weitesten abgedrängt und ein echtes Sorgenkind für Hiller war Schustekh, der sich immer noch um den Rückzug von Geisenheim über Schmiding nach Oftering und Leonding bemühte: sein Streben, Hillers Offensivpläne in die Tat umzusetzen, hatte ihm diese Verspätung eingetragen.
Von den Franzosen war vor allem Massena bedrohlich, dessen Tete nur wenige Kilometer von Bianchi entfernt auf den Einmarsch in Linz wartete. An der Traunlinie hatten Lannes und Bessieres das Gelände östlich von Wels gewonnen, die Hauptmacht unter Napoleon rastete um und in Lambach. Vandamme verharrte in Riedau, die Garde stand noch im lnnviertel, und Davout hatte Passau erreicht; Wrede rückte von Strasswalchen nach Vöcklabruck vor.
Der 3. Mai 1809
Der ehemals passauische Markt Ebelsberg - er wurde 1938 nach Linz eingemeindet - bot mit seiner näheren Umgebung vor 190 Jahren ein wesentlich anderes Bild als heute. Die Traun - damals noch unreguliert - bedeutete ein echtes Hindernis, zumal sie im Mai 1809 Hochwasser führte. Ihr Hauptarm war etwa 350 bis 400 Meter breit; zwei Inseln knapp ober- und unterhalb der Brücke teilten ihn. Am rechten Ufer gab es etliche Mühlbäche und viele Gräben, das Augelände umfasste 1.000 bis 1.500 Schritt. Starkes Geröll und Gefälle erschwerten einen eventuellen Brückenbau. Die Ortschaften westlich der Traun, wie Kleinmünchen und Scharlinz, bestanden lediglich aus einigen Bauerngehöften, das Strassennetz hingegen hat sich bis zur Stunde kaum verändert. Die Traunbrücke - aus Holz gefügt - war 550 Meter lang und 13 Meter breit. Wer sie von Westen her überschritt, stiess zunächst auf einen festen Torturm, hinter dem sich der Marktplatz weitete: er war 110 Meter lang und 50 Meter breit und wurde vom sogenannten Ennser Tor abgeschlossen. Dahinter begann die "Ennser-Vorstadt". Der Friedhof befand sich an derselben Stelle wie heute. Das Schloss Ebelsberg - es beherrscht nach wie vor das Gelände war gleich den 87 Häusern des Marktes mit Schindeln gedeckt. Seine Terrasse existierte noch nicht, ebenso fehlte der Baumbestand; die Gräben um den Herrschaftssitz zeigten sich tiefer und steiler geböscht. Die Reichsstrasse verlief anders, als das nunmehr der Fall ist: die gegenwärtige Situation geht übrigens auf Napoleon zurück, der eine leichter überwindbare Trasse für seine schweren Armeefuhrwerke forderte.
Das Wetter hatte sich schlagartig geändert: nach einer wochenlangen Regenperiode schien am 3. Mai 1809 schon frühmorgens die Sonne und ein herrlich blauer Himmel versprach den ersten wirklichen Frühlingstag.
Am Abend zuvor gaben die beiden gegnerischen Befehlshaber - Hiller und Massena - ihre Dispositionen aus. Dabei leitete Hiller die Bewegung hinter die Traun sofort ein. Um 4 Uhr früh - tatsächlich erfolgte der Aufbruch bereits um 2 Uhr - sollten die Österreicher von Linz abmarschieren. Zuerst kam die Landwehr, dann folgten das V. Korps, das II. Reservekorps, die Brigade Hoffmeister vom VI. Korps und schliesslich die Rosenberg-Chevaulegers. Die restlichen Einheiten des VI. Korps befanden sich nicht in der oberösterreichischen Landeshauptstadt Linz, denn die Brigaden Hohenfeld und Nordmann sicherten gegen Westen im Raum der Alm und der Krems, und die Brigade Weissenwolff lagerte bereits bei Kleinmünchen.
Als Nachhut wurde Generalmajor Bianchi bestimmt: er verliess ebenfalls um 4 Uhr Wilhering mit Direktion Ebelsberg. Eine Art Zwischenvorhut bildete bei Kleinmünchen die Brigade Weissenwolff, die nördlich des Ortes so lange zu halten hatte, bis die Brigade Hoffmeister mit den Rosenberg-Chevaulegers eine Aufnahmestellung vorwärts Kleinmünchen beziehen konnte. Als Kommandant über alle diese Einheiten wurde Feldmarschalleutnant Vincent bestimmt. Ihm wurde nachdrücklich aufgetragen, unbedingt die Ankunft Schustekhs abzuwarten und ihn zu decken.
Während sich also Hiller um einen geordneten Rückzug bemühte - wenngleich ohne nötige Energie und Tatkraft, wie die folgenden Ereignisse zeigen sollten -, dachte sein Gegenspieler Massena nur an einen ungestümen Vormarsch, denn: "Wir haben ohnehin drei oder vier Tage vergeudet." Massena ordnete an:
Mittlerweile hatte auch Bianchi seinen Rückzug von Wilhering angetreten. Er erfolgte unter heftigem Feinddruck, und hätte es für die Franzosen und für ihre Verbündeten im Stift Wilhering nicht einen vorzüglichen Weinkeller gegeben - wer weiss, wie es Bianchi und seiner Brigade ergingen wäre. Immerhin gelangte Bianchi gut nach Linz, das er im Geschwindschritt wieder in Richtung Ebelsberg verliess, um ja nicht den Anschluß zu verlieren.
Die folgenden Szenen gehören bereits zum Treffen von Ebelsberg: oft beschrieben und erläutert und im Widerstreit der Meinungen bis heute nicht ganz geklärt. Wir beschränken uns daher auf eine chronologische Reihenfolge, die Geschehnisse gleichsam wie mit einem Zeitraffer verdeutlichen soll:
8.00 Uhr: Die Hauptkolonne der Österreicher passiert - wie bereits berichtet - Kleinmünchen und trifft mit ihrer Spitze in Ebelsberg ein. Gleichzeitig erscheinen französische Reiter in der Gegend von Niedernhart. Auch vor der Front Radetzky - er sichert gegen Wels - zeigen sich kleine feindliche Kavallerieabteilungen.
8.30 Uhr: Feldmarschalleutnant Vincent als Kommandant der Aufnahmestellung hat seine Truppen folgendermassen postiert: am rechten Flügel hinter dem ScharlinzerWald Brigade Hoffmeister (IR 31 rechts, IR 51 links); das III. Bataillon IR 51 hält Kleinmünchen besetzt, und weitere Einheiten vom IR 31 und 51 lauern an den Waldrändern beiderseits der Strasse und des Weilers Scharlinz. Als Rückhalt dienen die Rosenberg-Chevaulegers: sie sind durch eine Halbeskadron der Stipsicz-Husaren verstärkt. Ein Zug der Chevaulegers ist rechts an die Donau herangeschoben, und eine Halbeskadron verbindet auf der Strasse Linz - Wels Vincent mit Radetzky. Unmittelbar vor Kleinmünchen - quer über die Strasse nach Wels - verharren die Erzherzog-Karl-Ulanen, von Kleinmünchen bis an die Traun die Gradiskaner Grenzer. Eine Ulaneneskadron und zwei Grenzerkompanien erwarten an der Strassengabel der heutigen SalzburgerStrasse - Dauphinestrasse den Gegner.
9.00 Uhr: In Ebelsberg herrscht ein heilloser Wirrwarr: Kavalleristen wollen beim Ortsschmied unbedingt ihre Pferde beschlagen lassen, etliche Kompanien beginnen mit dem Abkochen - man ist immerhin seit sieben Stunden unterwegs -, und auf dem Gelände, wo sich jetzt eine Maschinenfabrik befindet, und auf der Gloriettehöhe des Schlosses fährt Artillerie auf. Mittlerweile sind die Franzosen in Linz angekommen und durchreiten die Stadt ohne Aufenthalt.
9.30 Uhr: Das erste Geplänkel entsteht unmittelbar vor Kleinmünchen. Gleichzeitig taucht - endlich! - die Kolonne Schustekh von Leonding her bei Oberhart auf und versucht, noch einigermassen heil die Ebene und den Traunübergang zu gewinnen. Währenddessen wird die Traunbrücke zur Zerstörung hergerichtet. Im Ebelsberger Schloss arrangiert man das Mittagessen für Feldmarschalleutnant Hiller und seinen Stab.
10.00 Uhr: Die Stellung der Österreicher scheint fixiert: im Markt Ebelsberg befinden sich das I. und II. Bataillon des walachisch-illyrischen Grenzregimentes, verstärkt durch die Kronprinz-Erzherzog-Ferdinand-Scharfschützenkompanie. Im Schloss Ebelsberg lagern drei Kompanien des II. Bataillons vorn IR 29 unter Oberstleutnant von Pflüger. In unmittelbarer Nähe ist das erste Treffen des V. Korps, bestehend aus acht Kompanien IR 29, aus dem IR 58, der Abrichtungsdivision IR 7, dem III. Bataillon IR 38, dem III. Bataillon IR 46 und dem III. Bataillon IR 23. Zur Deckung der Haubitzen auf der Gloriettehöhe ist die 5. Division des IR 58 unter Oberleutnant Pirquet eingesetzt. Auf dem Schildenberg marschiert das Gros beiderseits der Strasse derart auf, dass das V. Korps den rechten, das VI. Korps den linken Flügel bildet. Ganz rechts befinden sich die Wiener Freiwilligen. Südlich der Strasse ist Feldmarschalleutnant Dedovich anzutreffen, dann kommt die Brigade Weissenwolff, davor wieder Wiener Freiwillige; die Masse der Artillerie ist bereits in der Gegend von Pichling, und Liechtenstein-Husaren schirmen den Flügel bei Gottschalling ab. Das 11. Reservekorps hält gar schon in Asten, seine Vorposten haben St. Florian und die Tillysburg besetzt.
Zur selben Zeit, als man Hiller das alles meldet, stösst eine Eskadron des 19. französischen Jägerregimentes zu Pferd der Division Marulaz beim ScharlinzerWald auf den Feind. Marulaz erkennt sofort, dass er hier mit seinen Reitern nichts auszurichten vermag und verlangt von Massena Infanteneunterstützung.
10.30 Uhr: Marulaz befiehlt - bis man seiner Bitte willfährt - einen Aufmarsch in breiter Front; 19., 23. und 14. Jägerregiment zu Pferd in 1. Linie, die Rheinbundkavallerie in 2. Linie. Die französischen Reiterschwärme versuchen nun, den rechten Flügel der Österreicher zu umgehen, wobei sich kleinere Scharmützel mit den Rosenberg-Chevaulegers entspinnen. Viel wesentlicher allerdings erscheint Marulaz die Kolonne Schustekh, die nun in seiner rechten Flanke sichtbar wird. Um sich zu decken, beordert Marulaz das badensische Dragonerregiment unter Adjutant-Kommandant Trenquallye nach rechts, der jedoch seItsamerweise nicht angreift.
Schustekh sieht sich, als er die Ebene erreicht, nicht nur von Trenquallye bedroht, sondern vom Westen her nähert sich auch auf der SalzburgerStrasse die Vorhut der leichten Kavalleriebrigade Pire, sodass Schustekh befürchten muss, abgeschnitten zu werden. Eine Attackedrohung der Österreicher genügt, um die Franzosen zurückzuscheuchen. Schustekh gelangt daher mit seinem Gros unbehelligt nach Kleinmünchen; nur das II. Bataillon von Klebek-Infanterie bleibt hängen und wird gefangengenommen.
11.00 Uhr: Die Brigade Coehorn kommt von Linz bis zur Stellung Marulaz und entwickelt sich. Der Kommandant der österreichischen Aufnahmestellung, Feldmarschalleutnant Vincent, will aber keinen ernsthaften Kampf riskieren und gibt - kaum, dass SchustekhKleinmünchen erreicht hat - den Rückzugsbefehl. Die Franzosen dringen sofort nach, und obwohl die österreichische Artillerie jenseits der Traun in den Kampf eingreift, ziehen die Österreicher ziemlich ungeordnet ab.
Durch den Entschluss Vincents wird Radetzky besonders betroffen. Er hat von dem Rückzug der Mittelgruppe keine Ahnung und erfährt davon erst, als die französische Infanterie bereits gegen Kleinmünchen vordringt Radetzky rafft daher alle ihm zunächst stehenden Verbände zusammen und eilt mit ihnen zur Traunbrücke; sämtliche Vorposten seiner Brigade muss er ihrem Schicksal überlassen.
An der Brücke herrscht ein fürchterliches Gedränge. Man versucht zwar, die ungestümen Franzosen mit Bajonett und Kolben abzuwehren, doch mit den Österreichern kommen auch die ersten Feinde über die Traun. Als Brigadegeneral Coehorn erkennt, weIche Möglichkeit sich ihm bietet, stellt er sich an die Spitze der korsischen Tirailleure und lässt sie direkt gegen den Brückeneingang vor gehen.
11.30 Uhr: Der Kampf wogt hin und her. Die österreichische Infanterie und Artillerie wehren sich erbittert. Trotzdem dringen die Franzosen in die ersten Häuser und in den Torturm von Ebelsberg ein, weshalb den Österreichern kein anderer Ausweg bleibt, als ihre Stellungen zu räumen. Dessenungeachtet versuchen nach wie vor österreichische Einheiten, vermischt mit Franzosen, das östliche Traunufer zu gewinnen Nach einer kurzen Gefechtspause, während der es Coehorn gelingt, seine Truppen zu sammeln - er konnte auch eine Zerstörung der Brücke vereiteln -, greift der Brigadegeneral weiter an. Dazu formiert er eine starke Mittelgruppe und zwei Seitengruppen, von denen die linke gegen die lästige österreichische Batterie bei der heutigen Maschinenfabrik und die rechte gegen den Südrand von Ebelsberg vorgeht. Dem Schloss schenkt Coehorn keine Beachtung - ein Fehler, der sich sehr bald als entscheidend erweisen sollte.
12.00 Uhr: Die Mittelgruppe Coehorns wird vom Schloss aus heftig beschossen. Trotzdem dringt sie weiter vor. Claparede hat seine Brigaden Lesuire und Ficatier herangeführt und zwei Geschütze nach Ebelsberggebracht. Ausserdem fährt die Artillerie Claparedes beiderseits der Brücke auf und eröffnet das Feuer auf die österreichischen Batterien. Auch Marulaz will mit seinen Reitern eingreifen, muss aber wegen des schlechten Terrains umkehren: die französische Kavallerie bleibt von da an Zuschauer.
12.30 Uhr: Der Brigade Coehorn folgen die Brigade Lesuire und die Brigade Ficatier. Als die Tete den Torturm erreicht, erhält sie eine schlechte Nachricht: das Detachement, das Coehorn nach links abgebogen hat, vermochte zwar die österreichische Batterie bei der heutigen Maschinenfabrik zum Abfahren zu zwingen, doch als die Franzosen in den Schlossgraben eindrangen, stiess die 5. Division IR 58 unter Oberleutnant Pirquet gegen sie und warf sie zurück.
13.00 Uhr: Zu diesem Zeitpunkt kommt die Brigade Lesuire in den Markt, sie entdeckt einen Gang vom Hauptplatz zum Schloss und versucht, die Österreicher aufzurollen, was aber misslingt. Claparede erkennt nun, dass das Schloss eine Schlüsselstellung markiert, und befiehlt daher Ficatier, die Anlage zu nehmen. Ficatier zweigt sofort drei Kolonnen ab: die erste steigt zum Wassertor auf, die zweite direkt über den Hang, und die dritte rückt längs der Traun vor, um Schloss Ebelsberg von hinten anzugreifen. Die erste und zweite Kolonne werden glatt abgewiesen. Der dritten Kolonne wirft sich Oberleutnant Pirquet überraschend in die Flanke und kann sie zunächst zurückschlagen. Dann allerdings biegt das Gros dieser Kolonne, nachdem Pirquet und sämtliche seiner Offiziere ausgefallen sind, in den Schlossgraben ein. Die Franzosen glauben so in die Anlage dringen zu können, tatsächlich jedoch kommen sie auf den Vormarkt, wo sich die Situation mittlerweile völlig verändert hat.
13.30 Uhr: Als die französischen Plänkler der Brigade Coehorn auf den Höhen hinter Ebelsberg auftauchen, sind die Österreicher eben beim Abkochen. Sie haben keinen Angriff erwartet; den Kampflärm unten im Markt deuteten sie als Rückzugsgefecht. Nun aber wird die Lage gefährlich. Der erste, der dies erkennt, ist Oberstleutnant Küffel: innerhalb von wenigen Minuten lässt er das 5. Bataillon der Wiener Freiwilligen links, das 4. rechts und das 6. in der Mitte aufmarschieren. Dann beginnt er anzugreifen.
Aber die Franzosen wehren sich erbittert. Erst als österreichische Kavallerie eingreift, müssen sie bis Ebelsberg weichen. Gleichzeitig erhalten die Freiwilligen Verstärkung, vor allem von seiten des IR 29 und des III. Bataillons IR 18; zu guter Letzt schliessen sich auch das I. und das III. Bataillon des IR 40 der allgemeinen Vorwärtsbewegung an. Den Franzosen bleibt kein anderer Ausweg, als die Ennser-Vorstadt zu räumen.
Unterdessen kommt es auch in den Gräben um Schloss Ebelsberg zu einem heftigen Kampf. Nach der Niederlage von Oberleutnant Pirquet versucht Hauptmann von Siegler, der die Abrichtungsdivision des IR 7 kommandiert, die Franzosen anzugreifen, die jedoch schneller sind. Trotzdem reisst Siegler seine Leute nach vorn und kann den Gegner zum Rückzug zwingen: ein Teil der Franzosen springt in die Traun, der andere ergibt sich. Siegler richtet sich sofort zur Verteidigung ein und hält, obwohl die Franzosen dreimal gegen ihn antreten.
Mittlerweile dringen die Wiener Freiwilligen unter Hauptmann Franz Schluderer - er erhielt später das Adelsprädikat ,,von Traunbrück" - bis auf den Hauptplatz vor, den die Franzosen fluchtartig räumen. Mit den Freiwilligen stürmt auch das 1. Bataillon IR 49, und die Österreicher denken nun daran, sich gegen die Brücke zu wenden.
14.00 Uhr: Der österreichische Gegenstoss war also erfolgreich. Die Division Claparede ist mit bedeutenden Verlusten an Toten, Verwundeten und Gefangenen zurückgeworfen worden. Damit ist jener Augenblick gekommen, in dem Feldmarschalleutnant Hiller zuschlagen könnte - doch er zaudert und ist schliesslich nicht gewillt, für diesen Kampf noch mehr Truppen einzusetzen: es geht ihm eben um nichts anderes als um die Erhaltung seiner Armeegruppe und um einen weiteren geordneten Rückzug. Ausserdem hat er erfahren, dass starke feindliche Kräfte aus Wels im Anmarsch sind.
Claparede und Coehorn hingegen lassen nicht locker. Sie haben zwar einen Marsch von mehr als 30 Kilometer hinter sich, ausserdem ein Nachhutgefecht, aber sie rechnen auf die Unterstützung ihres Marschalls, und Massena lässt sie tatsächlich nicht im Stich. Obwohl im Ennser Tor österreichische Geschütze auffahren und Korporal JohannGabella vom 4. Artillerieregiment - eingeteilt bei der Kavalleriegeschützbatterie Radetzkys - unter Lebensgefahr versucht, die Häuser nächst der Brücke in Brand zu stecken, um die Franzosen auszuräuchern, halten Claparedes und Coehorns Männer, und ihre Hartnäckigkeit wird belohnt; schon nähert sich die Division Legrand; sie hat den Weg von Linz bis Ebelsberg im Laufschritt zurückgelegt.
14.30 Uhr: Legrand und mit ihm die Brigade Ledru kommen an der Traunbrücke an. Wer sich ihnen in den Weg stellt, wird niedergestossen und in das Wasser geworfen - sogar französische Stabsoffiziere.
Diesem Angriff sind die Österreicher nicht gewachsen. Legrand erreicht sofort das EnnserTor und dringt darüber hinaus. In diesem Augenblick beginnt sich der Widerstand der Österreicher zu versteifen: ein wilder Ortskampf flammt neuerlich auf, bei dem die Franzosen den kürzeren ziehen. Das fällt für sie um so schwerer ins Gewicht, als auch ihr Angriff gegen das Schloss Ebelsberg erfolglos verläuft. Doch Massena gibt nicht nach. Er befindet sich mitten in den Kämpfen um den Hauptplatz, der immer mehr ein Raub der Flammen zu werden scheint. Massena gestand zwei Jahre später: "Wir waren in einer äusserst gefährlichen Lage. Die meisten Offiziere meines Stabes waren verwundet, aber es ging um das Prestige, und ausserdem hofften wir auf Verstärkungen, obwohl die Traunbrücke - wegen der Feuerschäden nur noch von Infanterie benützt werden konnte."
15.00 Uhr: Aber die Franzosen benötigen keine Verstärkungen mehr. Die Österreicher beginnen sich zurückzuziehen - wer den Befehl dazu gab, ist bis heute unklar geblieben. Als erster räumt Oberstleutnant Pflüger das Schloss, das von Brigadegeneral Ledru sofort besetzt wird, wodurch zahlreiche Österreicher in Gefangenschaft geraten. Unten im Markt allerdings schwelt der Kampf noch weiter. Dadurch gerät Feldmarschalleutnant Dedovich in eine gefährliche Situation; als er das III. Bataillon IR 58 zum EnnserTor beordert, um es für einen Vorstoss auf den EbelsbergerHauptplatz zu formieren - was freilich nicht mehr gelingt -, stürzt sein Pferd, und Dedovich kann sich nur mit Mühe retten.
15.30 Uhr: Die letzten Österreicher, die Ebelsberg halten, sind: die 6. Kompanie des 4. Wiener Freiwilligen-Bataillons, das 1. Bataillon von Mittrowsky-Infanterie und ein Artillerist, der beim EnnserTor - ungeachtet aller Gefahren - sein Geschütz bedient und mit Kartätschfeuer die anstürmenden Franzosen aufhält: der Volksmund nennt ihn bis heute den "Kanonier von Ebelsberg".
16.00 Uhr: Der Kampf ist beendet. Sein Grauen wird durch eine Feuersbrunst erhöht, die Hunderten von Verwundeten das Leben kostet.
Zur selben Zeit erfährt Napoleon in Wels Einzelheiten über dieses Treffen. Er entschliesst sich sofort, seinem Marschall zu Hilfe zu eilen. Napoleon benützt dazu die ihm zunächst stehenden Verbände unter Molitor und Nansouty und setzt sich an die Spitze der Kolonne. Er erreicht freilich erst um etwa 21 Uhr Ebelsberg, als der Kampf bereits zu Ende ist. Nachdem er den Bericht Massenas entgegengenommen hat, begibt er sich daher zur Ruhe.
Die in Richtung Enns retirierenden Österreicher hatten jedoch noch etliche Plänkeleien zu bestehen, bis es Hiller gelang, mit seiner Armeegruppe am Abend des 3. Mai und in der folgenden Nacht die Enns in ziemlicher Ordnung zu überschreiten. Anschliessend liess er die Brücke zerstören, und das III. Bataillon der Deutschmeister bekam den Auftrag, für den 4. Mai hinhaltenden Widerstand zu leisten. Von Ennsdorf aus erliess Hiller die Befehle für den weiteren Rückzug. Gleichzeitig erhielt er aber auch eine scharfe Rüge des Generalissimus, der ihn aufforderte, sofort die Donau bei Mauthausen zu überschreiten, um sich endlich mit der Hauptarmee zu vereinen. Hiller konnte jedoch diesen Befehl nicht befolgen, da die Brücke zerstört war. Er plante deshalb, bei Krems die Donau zu übersetzen, was ihm auch am 8. Mai gelang. Rund 10.000 Mann sandte er direkt nach Wien, um die Besatzung der Hauptstadt unter Erzherzog Maximilian d'Este zu verstärken. Napoleon erreichte am selben Tag bereits St. Pölten.
Ergebnisse des Gefechtes
Die Urteile über das
Treffen von Ebelsberg reichen von Lobeshymnen
für Hiller und Massena
bis zur tiefsten Verdammnis dieser beiden Heerführer: Napoleon
selbst soll von einem der "hässlichsten, unbesonnensten Unternehmen"
der Kriegsgeschichte gesprochen haben.
Die Wahrheit liegt wie immer in der Mitte. Zunächst die Österreicher: Was hätte Hiller tun sollen? Befehle und Gegenbefehle verwirrten ihn, die Aufgabe der Innlinie bedrückte ihn mit einer Verantwortung, der er nicht Herr wurde, und der Nachrichtendienst - das Alpha und Omega jeder Führungsarbeit – klappte keineswegs: einzig Radetzky war stets bemüht, seinen Armeegruppenkommandanten zu informieren.
Der Entschluss des Feldmarschalleutnants, gegen dessen Person im Hauptquartier genügend intrigiert worden war, Auffangstellungen hinter der Traun und der Enns zu schaffen, ist nicht zu verurteilen: er handelte im Sinne des Kaisers, der mit seinen "Empfehlungen" stets nur den Schutz der Residenzstadt und die Erhaltung von Hillers Armeegruppe wollte.
Dazu kamen taktische Erwägungen: Hiller wäre es sicherlich nicht gelungen, vor dem Eintreffen des nach einem Sieg lechzenden Massena die Donau in Richtung Freistadt mühelos zu übersetzen. Denn abgesehen davon, dass es an verteidigungsfähigen Stellungen mangelte, hing die Kolonne Schustekh in der Luft, was eine schwere Behinderung bedeutet hätte.
Freilich: das Warten auf Schustekh verhinderte auch das zeitgerechte Abbrennen der Traunbrücke bei Ebelsberg. Dieser General trägt die eigentliche Schuld an diesem Treffen: als einziger von Hillers Untergebenen griff er dessen Plan, offensiv zu werden, an der Monatswende April/Mai auf, obwohl er genau wusste, dass solche Vorhaben schon im Keim dem Misserfolg verfallen waren. Deshalb seine Verspätung, deshalb der Stillstand bei Ebelsberg, denn Hiller konnte und wollte Schustekh nicht im Stich lassen.
Dabei beging Hiller schwere Fehler: so verhinderte sein Zaudern am 2. Mai - soll man über die Donau, soll man über die Traun? - den rechtzeitigen Abzug der Schwerfuhrwerke in Richtung Enns, und als HilIer Stunden später in Ebelsberg eintraf, dachte er keinen Augenblick lang daran, dass der Feind sofort nachdrängen könne. Er wollte nur Ruhe für seine erschöpften Truppen. Während des Kampfes um Ebelsberg glitt ihm zumindest zeitweise - die Führung gänzlich aus den Händen: mag er sich auch an Ort und Stelle zum Beispiel vom erfolgreichen Gegenstoss um 14 Uhr überzeugt haben. Aber die Rettung seiner Armeegruppe gelang doch, und das können ihm nicht einmal seine grössten Gegner absprechen.Massena und die ihm unterstellten Generäle hingegen dachten nur an den Sieg. Massena wusste genau, dass Napoleon im Anmarsch war, dass der Traunübergang bei Ebelsberg strategisch keine Bedeutung besass - aber Claparede und Coehorn musste geholfen werden, und so verbiss sich Massena in eine Situation, die er niemals geplant hatte. Es ist müssig zu urteilen, was passiert wäre, wenn HilIer den Kampf um Ebelsberg mit frischen Truppen genährt hätte. Eines ist allerdings sicher: das Treffen von Ebelsberg entstand aus einem Zufall, denn niemand im österreichischen Lager rechnete mit der Möglichkeit, dass der Feind gleichzeitig mit den eigenen Einheiten die Traunbrücke übersetzen würde. Und selbst wenn Hiller dem Ansturm Massenas erfolgreich widerstanden hätte, wären ihm Napoleon und Lannes - von Wels und Steyr her - in den Rücken gefallen. Um Ebelsberg zu kämpfen, war bedeutungslos, und dass Hiller dies erkannte, ist eines der grössten Verdienste, die er sich in einem langen Soldatenleben zuschreiben durfte.
Verluste
Genaue Angaben hinsichtlich
der Verluste sind für das Treffen von Ebelsberg
kaum zu geben. Trotzdem formt sich nach Berichten und Darstellungen eine
Zusammenschau, die ein ungefähres Bild vermittelt.
Danach waren von den Österreichern rund 140 Offiziere ausgefallen: 19 wurden als tot gemeldet, etwa 8O wurden verwundet - davon gerieten 45 in Gefangenschaft - und 40 wurden unverwandte gefangen. Die Mannschaft büsste insgesamt 8.200 Mann ein: rund 1.000 waren gefallen, die gleiche Anzahl wurde verwundet gefangen, ebenfalls 1.000 gelang als Blessierten der Rückzug hinter die Enns, und der Rest musste sich dem Feind ergeben oder galt als vermisst.
Am schwersten litt beim Ortskampf in Ebelsberg das IR 40: es verlor 16 Offiziere und mehr als 1.000 Mann. Die grösste Einbusse an Gefangenen hatte das IR 14 zu verzeichnen, die meisten Offiziersabgänge meldete das IR 51: 4 gefallen, 4 verwundet, 14 fielen in die Hände des Feindes. Die Wiener Freiwilligen hatten ihren heldenhaften Einsatz mit 3 gefallenen und 3 verwundeten Offizieren und mit 237 Mann zu bezahlen.
Von den Franzosen waren etwa 100 Offiziere tot oder verwundet. Die Verluste der Division Claparede - 850 Gefallene, 1.200 Verwundete und 800 Gefangene - machten es nötig, dass zum Beispiel die jeweils 9 Kompanien zählenden korsischen und Po-Tirailleurs auf 5 beziehungsweise 6 Kompanien reduziert werden mussten. Es ist als sicher anzunehmen, dass die Division Claparede bis zu 30 Prozent ihres Bestandes verlor.
Die Division Legrand hatte 150 Gefallene und rund 550 Verwundete zu beklagen. Der Gesamtausfalll der Franzosen betrug daher etwa 1.000 Tote, 1.750 Verwundete und 800 Gefangene.
In der Totalen gerechnet: der kaum mehr als fünf Stunden währende Kampf um Ebelsberg kostete 12.000 Männern das Leben, die Gesundheit oder - wenngleich zeitlich begrenzt - die Freiheit.
In der Gluthölle von Ebelsberg verbrannten etwa 1.000 Verwundete.
Erinnerungen
Die Erinnerung an diesen
3. Mai 1809 verblasst in Ebelsberg immer mehr:
die Restaurierungen der Häuser auf dem Marktplatz und an der Bundesstrasse
Nr.1 veränderten und verändern das Bild völlig: es fällt
bereits schwer, eine der noch vor zehn oder fünfzehn Jahren in den
Fassaden eingemauerten Kanonenkugeln wieder zu entdecken. Hingegen findet
man immer noch die ,,geschützten" Gänge vom Platz hinauf ins
Schloss, auch den Hohlweg kann man ahnen, den die Wiener Freiwilligen zu
ihrem Angriff gegen das - längst nicht mehr bestehende - EnnserTor
benützten. Das Gelände um den Friedhof von Ebelsberg
hat sich gleichermassen erhalten wie der Pfad, den die rechte Seitenkolonne
Coehorns
einschlug, um der Mittelkolonne zum Durchbruch zu verhelfen. Dazu kommen
zwei noch heute erhaltene Denkmäler: das eine - auf dem Stephan-Fadinger-Platz
in der Ortsmitte von Ebelsberg - erinnert
an den 3. Mai 1809 im allgemeinen, das zweite im Schosspark gedenkt der
Wiener Freiwilligen.
In nächster Nähe von Ebelsberg ist der "Napoleonbauer" (nach ihm wurde sogar ein Rastplatz an der Autobahn benannt) anzutreffen: ein stattliches Gehöft, ausgewiesen als Baumgartner zu Gottschalling. Hier soll Napoleon die Nacht vom 3. zum 4. Mai 1809 zugebracht haben, und gegen gute Worte wird dem Interessierten das Zimmer gezeigt, in dem der Kaiser logierte - in Wirklichkeit freilich nahm Napoleon beim Baumgartner nur das Abendessen ein, dann zog er sich in sein feudaler eingerichtetes Zelt zurück.
Für die Maler bedeutete das Treffen von Ebelsberg ein dankbares Objekt. In Österreich und in Frankreich finden sich dafür viele Beispiele; die Mehrzahl entspricht leider nicht den historischen Tatsachen und zeigt einen Flussübergang, der nur durch das EbelsbergerSchloss sein Kolorit erhält. Die vorzüglichste Arbeit aus dieser Sicht vermittelt zweifellos eine Graphik von BenjaminZix, der sich als "offizieller Historiograph der napoleonischen Waffentaten" im Sommer 1809 in Linz aufhielt und deshalb aus dem vollen des eben Erlebten schöpfen konnte: seine Arbeit verwahrt die Pariser Nationalbibliothek; ausserdem bildet sie eine der Grundlagen für das grosse Diorama in der Wehrgeschichtlichen Abteilung des LinzerSchlossmuseums, dass das Treffen von Ebelsberg im Zeitpunkt des österreichischen Gegenstosses darstellt.
Auch literarisch fand Ebelsberg seinen Niederschlag. Abgesehen davon, dass im berüchtigten Hohlweg von Ebelsberg - die Stelle lässt sich mit einiger Phantasie noch genau markieren - der Freiheitsdichter LeoFreiherrvonSeckendorf (geboren 1773 zu Ansbach, Freund Goethes, Herders, Schillers und Wielands) als Hauptmann der Wiener Freiwilligen schwer verwundet wurde und schliesslich in einem Haus am EbelsbergerHauptplatz elend verbrannte, schildert ein Oberleutnant Wagner von den Pionieren - das Manuskript wird von Major a. D. Kaitinger in Linz-Urfahr verwahrt - den 3. Mai 1809 folgendermassen:
"Dieser Tag bei Ebelsberg wird in den Annalen Österreichs ewig denkwürdig bleiben. Das heftigste, erbittertste Arrieregardegefecht am linken Traunufer war die Ouvertüre zu dem folgenden grässlichen Drama: der höchst merkwürdige Auszug unserer Truppen über die von uns Pionniers mit Stroh und allen Brennmaterialien zum Anzünden bespikten Brücke, wo sich dicht aneinander Freund und Feind hinüberdrängte - das Wirbeln der Trommeln, das Schmettern der Trompetten - das Geprassel des Kleingewehrfeuers - das Donnern der Kanonen von beiden Ufern - das Sausen der Kugeln von allen Seiten - die ganze Stadt ein Feuermeer - endlich das concentrirte Kanonenfeuer unserer beim Schloss plasirten Batterien die alles auf der Brücke niederschmetterten - die Brücke in Flammen, daher die Hemmung des weiteren Nachrückens des Feindes - und das Massacre auf die in der Stadt abgeschnittene französisch-italienische Division Claparede durch die Helden der Wiener Freiwilligen - das Hinrollen der Kanonen und Wägen über Haufen von Verwundeten, Halbverbrannten, von Sterbenden und Gefallenen - die schauderhafte Vernichtung von Menschen, Pferde und Häusern - dies war das schrecklichste Schauspiel, das ich jemals sah, und welches man unter gebildeten Völkern nicht mehr erleben sollte!"
Und am 5. Mai 1809 kritzelt HenriBeyle, genannt Stendhal (1783 bis 1842), als Angehöriger des Stabes von Graf PierreDaru in sein Tagebuch ,,Als wir die Traunbrücke hinübermarschierten, lagen noch rund dreissig tote Menschen und Pferde auf der Brücke. Viele hatte man in den Fluss geworfen, der unverhältnismässig breit ist. Mitten darin, vierhundert Schritt unterhalb der Brücke, stand ein Pferd aufrecht und starr. Ein seltsamer Anblick. Ebelsberg war ausgebrannt; die Strasse, durch die wir zogen, war mit Toten gesäumt, meist Franzosen und fast alle verbrannt. An mehreren Stellen lagen die Leichen in Haufen. Der Durchweg wurde immer enger, und schliesslich unter und vor dem Tore musste unser Wagen über verkohlte Leichname fahren. Einige Häuser brannten noch. An einem Haus sah es so aus, als stürze ein toter Soldat mit zorniger Miene hervor. Ich gestehe, dieser erschütternde Anblick ging mir auf die Nerven. Ich vermochte kaum hinzusehen. Seitdem weiss ich, was Schaudern ist. Kenner versichern, der Anblick von Ebelsberg wäre tausendfach grässlicher als der aller sonstigen Schlachtfelder, wo man zwar Menschen mit allerhand Verstümmlungen, aber nicht so grausige Leichen sehen könne, mit verbrannten Nasen, aber noch erkennbaren Gesichtern."
FELDZEUGMEISTER JOHANN
FREIHERR VON HILLER (Kurzbiographie)
In den ersten Monaten des
Jahres 1748 wurde dem damaligen Fähnrich AntonjHillerin
Modena
ein dritter Sohn geboren, der den Taufnamen
Johann
erhielt. Vom Beruf seines Vaters vorbelastet, trat Johann Hiller mit 15
Jahren als Kadett in dasselbe Regiment ein, in dem sein Vater und seine
beiden älteren Brüder dienten, und begann eine Laufbahn, die
ihm ein sehr wechselvolles Schicksal und hohe militärische Würden
bescheren sollte. Vorerst fing alles ganz alltäglich an.
JohannHiller,
der seit 1771 das Adelsprädikat "von" tragen durfte, wechselte von
einem Regiment zum anderen, bis er sich 1774 entschloss, eine Hauptmannsstelle
in der Militärgrenze zu kaufen. Die Art, wie dies geschah, war zwar
nicht ganz korrekt, doch hier zeigte sich zum erstenmal, dass Hiller
um jeden Preis Karriere machen wollte. Über einen Neffen FM Laudons
gewann er dann das Vertrauen und die Zuneigung dieses grossen Soldaten,
und als er im Türkenkrieg 1785/89 seine Umsicht und Tapferkeit deutlich
bewies, wurde er von Kaiser Joseph II.
zum Generaladjutanten bei FM Laudon ernannt,
und in dieser Funktion blieb er bis 1790, um von Laudons
Totenbett wieder an die Militärgrenze zurückzugehen.
Bis zum Jahr 1794 musste der mittlerweile zum Generalmajor vorgerückte Hiller warten, ehe er wieder ins Feld kam und in den Kriegen gegen die französische Revolution und gegen Napoleon seine Bewährung und seine Vollendung fand. Zunächst diente er als Feldkriegskommissär bei der Armee in Italien, wurde 1796 unter Erzherzog Karl bei der Armee in Deutschland angestellt, und von da an trennten sich die Wege dieser beiden Männer nicht mehr bis zum Jahr 1809. HilIer gelang es, die Anerkennung des Erzherzogs zu finden, er machte den Feldzug in die Schweiz 1799 mit, wo er im Verlauf der ersten Schlacht von Zürich durch einen Schuss ins Bein ziemlich arg verwundet wurde. Nichtsdestoweniger übernahm er dann den Posten eines Verbindungsoffiziers zu den mit Österreich verbündeten Russen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten sich seine Eigenschaften voll herausgebildet, er war bei seinen Soldaten so beliebt, dass man ihn später als den ,,Radetzky seiner Zeit" bezeichnete; in der Militärgrenze waren seine Untergebenen noch viel stärker von ihm eingenommen und verehrten ihn ,,wie einen Abgott". Aber in Offizierskreisen fand er kaum Freunde, denn sein Ehrgeiz und seine Eigenwilligkeit, verbunden mit einem etwas rauhen Wesen, stiessen alle ab. Obwohl er sich darum bemüht hatte, blieb ihm die Verwendung in einer Verwaltungsstelle des Heeres verwehrt, und er musste immer wieder die Mühen eines Truppenoffiziers auf sich nehmen. Nach einem vierjährigen Aufenthalt in Tirol, wo er sich mit den Problemen der Volksbewaffnung eingehend auseinandersetzte, wurde ihm im nächsten Krieg, im Jahre 1805, die Befehlsgewalt über das Korps in Südtirol zuteil, und im Verlauf des dann überstürzt eintretenden Rückzugs war es in erster Linie ihm zu danken, dass Erzherzog Johann sein starkes Truppenkorps aus Tirol nach Ungarn zurückbringen konnte.
Nach jahrelanger Abwesenheit kehrte Hiller 1807 wieder in die Warasdiner Militärgrenze zurück und warf sich mit allem Eifer auf die Probleme, die im Zusammenhang mit einer Änderung der Verfassung der Grenze aufgetreten waren. Seine Opposition gegen die von Erzherzog Karl mitgeschaffene Ordnung brachte eine Reihe von Misstimmigkeiten mit sich; Hiller wandte sich auf Umwegen an den Kaiser, beging eine Subordinationsverletzung nach der anderen, und doch konnte Erzherzog Karl nicht auf ihn verzichten, als er die Korpskommandanten für den Krieg 1809 ernannte, denn Hillers Truppenführung war untadelhaft und vor allem so selbständig, dass er unbedingt gebraucht wurde. Sein Verhalten beim Rückzug von Regensburg war denn auch denkbar eigenwillig und immer auf die Augenblickssituation aufgebaut. Sein Vorgehen trug ihm neuerlich den Tadel Erzherzog Karls ein, doch als er während der Schlacht von Aspern sechsmal den Ort stürmte und mit seiner sturen Beharrlichkeit verhinderte, dass der Ort an die Franzosen verlorenging, gab er den Ausschlag zum Österreichischen Sieg, eine Tatsache, die von Erzherzog Karl auch offen anerkannt wurde. Nichtsdestoweniger ging die Kontroverse weiter, Hiller nahm angeblich krankheitshalber nicht an der Schlacht von Wagram teil, kehrte abermals nach dem Krieg in die Militärgrenze zurück und wurde 1813 vom Kaiser dazu ausersehen, die Armee von Innerösterreich zu führen. Nach einem siegreichen Vormarsch, der ihn bis Venedig geführt hatte, wurde er von Kaiser Franz I. in wenig schöner Form seines Postens enthoben und musste sich auf sein Altenteil zurückziehen. Er starb am 5. Juni 1819 als kommandierender General von Galizien und der Bukowina.
Zweifelsohne war er eine der markantesten Soldatenpersönlichkeiten der Napoleonischen Kriege.
DER KANONIER Z‘ EBERSBERG
Endlich nahmen nun doch
die Feinde das Schloss in Besitz, aber nur unter einem furchtbar hitzigem
Kampfe, unterliessen jedoch die weitere Verfolgung der Österreicher.
Ein Kanonier mit seinem Geschütze feuerte von den Anhöhen des Schlossberges mit wohlgezielten Schüssen gegen die auf der Brücke anrückenden Feinde. Nach der Retirade vom Schlossberg herab, stellte sich derselbe nochmals im Vormarkt. auf und feuerte gegen den Feind. Bei dem Abzug der Österreicher aus dem Markte nahm derselbe nochmals am Reindlberge Aufstellung und feuerte zurück auf die nachstürmenden Feinde, welchen er grösste Verluste beigebracht hatte. Derselbe wurde bei dem Gefechte am eigenen Leibe schwer verwundet und vom Feinde gefangengenommen. Nach seiner Heilung befreite er sich dann selbst und kam glücklich wieder in sein Vaterland zurück. Dieser tapfere Kanonier hiess Karl Lenkat und avancierte sodann später in der Österreichischen Armee zum Artillerie-Stabsoffizier.
DENKMÄLER
Marktplatz Ebelsberg
Auf dem Stefan-Fadinger-Platz
erhebt sich ein 7.5 Meter hohes Denkmal, welches anlässlich des 100.
Gedenktages der Schlacht bei Ebelsberg am 2. Mai 1909 enthüllt wurde
Schlosspark
Denkmal der Wiener Freiwilligen
MUSEUM
Schloss Ebelsberg: Dauer und Sonderausstellungen
Das Gefecht bei Ebelsberg
am 3. Mai 1809
Diorama 1: Traunüberquerung
Diorama 2: Das Treffen am
Ortsplatz
Diorama 3: Rückzug
der Österreicher
Wehrkundliche Anstellung
des O.Ö. Landesmuseums
Vom Vorderlader bis zur
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Ein zeitgenössischens Gedicht stellt den Ablauf der Schlacht in österreichischer Mundart dar:
Der Kanonier z' Ebersberg
In Land is grestirt worn.
Was stölln ma denn an,
es ist aus, d'Franzosn
san z'Ebersberg schon.
Ha, ah! Nöt so gah,
nöt so gumpi, ha, ha,
lassts eng Zeit, meine Herren,
san dö Kaiserlink da!
Glei so fort in oan Prölla,
beilei! 's is koa Röd,
da is Traun und da mir,
ohne raffa geht’s nöt.
Und z'Ebersberg ob'n,
auf da Höh, nöb'n G'schloss,
passt da alt Kananier,
bis a kimmt - da Franzos'.
Dort is agar pfiffi,
postiert mit sein Stuck,
hinter seina scho o hin,
nach der Läng dö ganz Bruck.
Ös wissts, Anno neuni,
is 's enz'lang gwöst -
und für mein Kananier,
is ihr Läng just das Böst!
Hiatzt kemmans daher
Wia des höllische Gjoad,
mit'n aufplanztn G'wöhr
und in Sabel aus da Schoad!
So weit als an's Aug roacht
Is bloab hin und hin,
wia's daher sand von Landshuet
und a no von Inn.
Höll, Himmel und Herrgott
wird angruaft und gschrian;
Mittn drein hert ma wieder
bum, bum kananieren.
Da schreit da Gotts-Oberst
Von da feindling Armee
koan Pardon dort dem Teifl
Sacre und Dieu!
So bald am di höllische
Anhöh durt hom,
nocha haun ma auf Fetzn
den Öst'reicher z'sam.
Daweil's a so futtern
und auf wälisch recht grahn,
san wieda a paar Dutzend
in d'Traun einigfalln.
Und ganga sans nöt.
wia's Feuer von da Höll,
üba d'Bruckn kemmans nöt,
und nöt von da Stell.
Wanns s' moanan er lasset
A wengerl no nah,
glei reisst er die Köpf
wieda dutzendweis oah!
Und nachi is purzelt
a hoalbs Regiment,
Mordion hert man schällt'n
und Kreuzelement.
Und d'Franzosn, die hitzig'n,
kehr'n freili net um,
üba d'Bruck, die Vabaont'n,
müssn's übri - bum.
Oan Schuss um den andern
auf's Glanda, dass' pascht,
und wie fleissi alls Traun
mit die Blaberl heut wascht.
Sacre und boucre
wird teufelt und gment
aber wieda aufs Glanda
da schoisst er herent.
Koa Schuss geht eam fal,
koa Bam ist mehr ganz
und d' Franzosn die müassen
scho mittuan den Tanz.
Was drauf und was vorn
dös kann nimmer z'ruck
und leicht zehnmal ramt er
sie völli d' Bruck.
Und d' Traun, dös frisch Wassa,
is sunst so schön grean,
aber heut is beim Faba,
frei bloab is von ern.
Und drobn auf'n Bergal
da brav Kananier
hat a narrische Freud
denn gwunna is schier.
Da kimmt über Wels
Her a keuchenda Bot
Und vamält, üba d' Traun san's
die Höllsagalott.
Sö falln enk in Ruckn,
haitzt mach, Kananier,
haitzt mach und lass d' Bruckn
auf Enns reterier.
Ewens übera kemman
krochts nu amal - bum
und er bringt auf da Bruck
nu a schens Noagerl um.
So kemmans halt übra
wo is - knauft a Röd
mit d' Mäul hoams 'n ghaut
Aber griagt hamb's eam nöt.