a05_04
INHALTSVERZEICHNIS
KAISERLICH RUSSISCH DEUTSCHE LEGION
5.KOALITIONSKRIEG
EFERDING
EBELSBERG
URFAHR MAI
ASPERN - ESSLING
URFAHR JUNI
WAGRAM 1
WAGRAM 2
URFAHR JULI
VATERLÄNDISCHER KRIEG
BORODINO
HOME

Aspern und Essling 21.-22.Mai 1809

Das Ende der österreichischen Offensivoperationen brachte Eckmühl und zwang Erzherzog Carl zum allgemeinen Rückzug. Ab diesem Zeitpunkt lag die Initiative bei Napoleon. Er konzentrierte die Verfolgung auf das rechte Donauufer gegen den abgespalteten linken Flügel der österreichischen Armee unter FML Hiller. ErzherzogCarl suchte zwar die Vereinigung mit Hiller noch vor Wien, dies stellte sich jedoch als nicht durchführbar heraus. Hiller hatte schon genug Schwierigkeiten, sich den Verfolgern zu entziehen. Im Verlaufe dieses Rückzuges kam es auch zu dem blutigen Treffen von Ebelsberg.

Dort gelang es zwar den Franzosen unter fürchterlichen Verlusten die Stadt einzunehmen, aber nur weil sich Hiller einer Umzingelungsgefahr durch eine schnelle Absetzbewegung entziehen musste. Im weiteren Verlauf des Feldzuges versuchte Hiller die Garnison Wiens zu verstärken, um Napoleon an der Eroberung zu hindern. Erzherzog Carl erkannte aber, das er nicht rechtzeitig eintreffen können würde und gab den Befehl, Wien aufzugeben, und alle kampffähigen Soldaten dem Feldheer zuzuführen. Napoleon zog in Schönbrunn ein, während sich die österreichische Armee am nördlichen Rand des Marchfeldes sammelte. Entgegen dem Entschluss Carls, den Uferwechsel vorzunehmen und Napoleon die Entscheidungsschlacht am rechten Donauufer zu liefern, beschloß der Hof unter dem Einfluss von Generalquartiermeister Wimpffen, abzuwarten und die schwierige Aufgabe der Donauüberquerung mit all ihren Risiken den Franzosen zu überlassen. Wie risikoreich dieses Unterfangen war, sollte Napoleon sehr bald erfahren.

Die Ruhepause kam dem Erzherzog gelegen. Er nutzte sie, um das Feldheer in seinen neuen Bereitschaftsräumen am nördlichen Rand des Marchfeldes zu entfalten. Napoleon hingegen hatte es äusserst eilig, die Entscheidung herbeizuführen.

Das französische Heer war weit in Feindesland und Europa wartete gespannt auf die weitere Entwicklung. Die Vernichtung der militärischen Mittel Österreichs war der unabdingbare Schlusspunkt, sollte der Feldzug für Napoleon erfolgreich enden. Dazu kam die Notwendigkeit, den deutschen Nationen und dem Zaren die Furcht und den Respekt vor der militärischen Macht Frankreichs zu erhalten.

Für Österreich bestand die Aussicht, durch einen Sieg seine - nach 1805 verlorenen - Gebiete zurückzuerlangen und zur ersten Macht einer europäischen Koalition gegen Napoleon aufzusteigen.

Napoleon wählte für den Übergang auf das Nordufer den Westübergang in die Lobau. Der dichte Bewuchs der Insel verhinderte eine erfolgreiche österreichische Rekognoszierung der französischen Vorbereitungen. Ohne auf seine dislozierten Korps zu warten, begann Napoleon mit dem Brückenschlag von Kaiserebersdorf über den Hauptarm der Donau in die Lobau und von dort aus in den Raum zwischen Aspern und Essling.

Bereits am 20. Mai, bei der ersten Phase über den Hauptarm in die Lobau, brachen die Brücken unter der Wucht der Wassermassen der durch Scheeschmelze angeschwollenen Donau. Obwohl seine Verbindungen keineswegs gesichert waren, schien Napoleon das Risiko einer Niederlage als gering anzusehen. Er glaubte nicht, dass die österreichische Armee ihm Paroli bieten könnte. Auch hegte er die Befürchtung, Carl würde sich der Entscheidung durch einen Marsch nach Mähren zu entziehen suchen. Napoleon liess unverzüglich mit dem Bau der Brücken über den Stadtler-Arm beginnen. Zur Sicherung der Arbeiten vertrieb man die österreichischen Posten und brachte einige Kompanien im Gehölz der Mühlau in Stellung. Die ersten französischen Einheiten, die in das Marchfeld vordrangen, bestanden hauptsächlich aus leichter Kavallerie um die Dispositionen der Österreicher zu erkunden. Als diese das Vorpostengefecht jedoch gewannen und die französische Kavallerie zurückgeschlagen wurde, verlor Napoleon den Kontakt zum Gegner und in der Nacht zum 21. Mai setzte der erste Teil der Franzosen über, in dem Glauben, dass sich Erzherzog Carl auf dem Rückzug befände. Dieser Eindruck wurde noch verstärkt durch die Tatsache, dass sich die österreichischen Korps auf dem Marsch zur Donau befanden, und daher für die Franzosen keine Lagerfeuer zu sehen waren.

Beide Feldherren waren enttäuscht. Napoleon, weil er die Chance für die ersehnte Schlacht verstrichen glaubte, und der Erzherzog, weil er glaubte, dass die Aktion Napoleons bestenfalls die Errichtung eines Brückenkopfes bedeutete. Dies, da die momentane Hochwassersituation ein Übersetzten der ganzen Armee allzu gefährlich machte. So gingen sowohl Napoleon, als auch der Generalissimus von falschen Voraussetzungen aus, als sie ihre Armeen aufeinander zu bewegten. Auch der Morgen brachte kaum Neues, da dichter Nebel die Donauauen einhüllte und die Sicht völlig verdeckte. Napoleon trieb den Übergang auf das Nordufer jedoch mit grösster Eile voran, um kein Risiko einzugehen, was die Haltbarkeit der Brücken betraf. Als sich der Vormarsch Massenas gegen Essling und Gross-Enzersdorf entwickelte, gab Carl die Angriffsdispositionen aus.

Von der Linie Gross-Jedlersdorf - Gerasdorf - Deutsch-Wagram ausgehend, sollte die Armee in fünf Kolonnen gegen die Donau vorrücken: die 1. Kolonne (das 6. Korps unter FML Hiller) gegen Aspern, die 2. (das 1. Korps unter GdKBellegarde) über Kagran gegen Hirschstetten, die 3. (das 2. Korps unter FML Hohenzollern-Hechingen) ebenfalls gegen Aspern, die 4. (das 4. Korps unter FML Rosenberg und FML Dedovich) über Adlerklaa und Raasdorf gegen Essling und die 5. Kolonne (die Divisionen Hohenlohe und Rohan vom 4. Korps)

Über Parbasdorf und östlich von Raasdorf an die Donau östlich von Gross-Enzersdorf. Die Armeereserve (die schwere Kavallerie und die Grenadiere unter GdK Liechtenstein) sollte zwischen der 3. und 4. Kolonne in den Raum zwischen Aspern und Essling vorrücken. Diese Dispositionen gingen von einem Angriff der Franzosen gegen Hirschstetten aus, doch von einem solchen Angriff konnte im Moment keine Rede sein, ganz im Gegenteil. Am Morgen des 21. war die Brücke über den Hauptarm zerstört worden und Napoleon plante, angesichts der anrückenden überlegenen österreichischen Kräfte, einen Rückzug auf die Lobau.

Zu diesem Zeitpunkt standen ihm nur einige Divisionen auf dem Nordufer zur Verfügung. Da sich jedoch bereits einige Einheiten im Kampf befanden, seine Generäle ihm versicherten, zumindest die beiden Orte Aspern und Essling für den Rest des Tages halten zu können, und ihm gemeldet wurde, dass die Brücke wiederhergestellt sei, entschloß er sich, die Schlacht doch aufzunehmen. Mittlerweile war es nachmittag geworden, und Napoleon rechnete damit, in der Nacht zu 22. die gesamte Armee überzusetzen. Nun entwickelte sich die Schlacht, zuerst zwischen Hiller und Massena im Raum Aspern. Unterdessen entfalteten sich die übrigen Korps in die Breite, da ihnen die weiteren Pläne Napoleons völlig unklar waren. Mit grosser Vorsicht näherten sie sich und es war schon später Nachmittag, bevor sie auch nur in der Nähe des Schlachtfeldes eintrafen. Hiller hatte bereits einen Teil von Aspern eingenommen, als im Zentrum ein heftiges Kavallerieduell entbrannte. Nach kurzem, blutigem Kampf gelang es, die französischen Regimenter zurückzuschlagen, aber die Reserve war bereits angeschlagen und musste zuerst reformieren, bevor sie wieder eingesetzt werden konnte. Somit konnte der Erzherzog im Zentrum vorerst keinen Druck ausüben, da das 2. Korps hinter Hiller aufmarschierte. Erst als Carl feststellte, dass die Schlacht nicht wie angenommen, im Raum Hirschstetten stattfinden würde, wurde diese Schwäche der österreichischen Aufstellung offensichtlich. Da dämmerte jedoch bereits der Abend. Wenn auch das österreichische Zentrum nicht so viel Infanterie aufwies, als nötig gewesen wäre, um starken Druck auf Napoleons Mitte auszuüben, so schafften es die wenigen Bataillone doch, alle weiteren französischen Kavallerieattacken zurückzuschlagen. Die Österreicher behielten die Ruhe und Disziplin, die gute Truppen kennzeichnen. Die leichten französischen Siege sollten endgültig der Vergangenheit angehören. Während die Kämpfe im Zentrum auf ein Patt hinausliefen, versuchte der Erzherzog, auch den östlichen Ankerpunkt der französischen Position einzunehmen. Essling war insgesamt offener im Aufbau als Aspern, es schien also leichter, es zu erobern. Die Division Boudet verfügte aber über einen gewaltigen Trumpf, den grossen Schüttkasten, Dieser massive Bau ermöglichte es den Franzosen, den Ort erfolgreich zu verteidigen. Dazu kam noch die Tatsache, dass FML Rosenberg seine Einheiten nacheinander zum Einsatz brachte, anstatt sie zu einem konzentrierten Angriff zusammenzufassen. Trotz der Initiative Carls, konnte Rosenberg nicht dazu gebracht werden, den Druck auf Boudet und seine geringen Kräfte zu verstärken. Als um 23 Uhr die Kämpfe erloschen, war Essling noch immer fest in französischer Hand.

Der erste Tag hatte keine Entscheidung gebracht, dafür aber erbitterte Kämpfe. Nun sollte der darauffolgende 22. Mai den Feldzug beenden. Beide Oberkommandierende waren mit den Ergebnissen zufrieden. Der Erzherzog glaubte, der gesamten französischen Armee getrotzt zu haben und rechnete mit einem Rückzug der Franzosen auf das Südufer. Napoleon hingegen war nicht vom Nordufer vertrieben worden, obwohl er nur einen Teil seiner Kräfte hatte einsetzen können. Carl hatte seine zahlenmässige Überlegenheit nicht ausspielen können und so hoffte der Kaiser, in der Nacht, durch die restlichen Korps verstärkt, den Gegner am nächsten Tag vom Schlachtfeld zu fegen. Sein Plan sah vor, mit der nötigen Infanterie das Österreichische Zentrum zu durchbrechen und die beiden Flügel auseinander zu treiben. Dazu musste Massena Aspern endlich nehmen und halten. Hier begann auch der Kampf am 2. Tag mit einem Erfolg für die Franzosen, als es ihnen gelang, die Österreicher unter Wacquant aus dem Ort zu vertreiben. Hiller, der durch die zu geringe Motivation seines Generals aufgebracht war, griff nun selbst ein, und verhinderte vorerst ein weiteres Vordringen Massnas. Gleichzeitig gelang es Lannes, die beiden Kolonnen des nach wie vor ungeschickt operierenden Rosenberg zu trennen und Hohenlohe auf Gross-Enzersdorf zurückzuwerfen.

So begann der 2. Tag für die Franzosen planmässig. Der Aufmarschraum war vergrössert und die auf den wiederhergestellten Brücken herangeführte Division wurde sofort dem 2. Korps beigefügt, das den Angriff auf das österreichische Zentrum durchführen sollte. Die Stossrichtung zielte auf eine Schwachstelle, nämlich die Naht zwischen dem 2. Korps (3. Kolonne) unter Hohenzollern und der Kavalleriereserve Liechtensteins. Der Erzherzog wartete ab, weil es noch nicht ersichtlich war, wohin der französische Angriff genau gerichtet war. Ausserdem bestand im Zentrum keine unmittelbare Gefahr, da die Grenadierreserve bereitstand. Aspern zurückzuerobern war momentan wichtiger, und der Erzherzog befahl Hiller, mit aller Wucht anzugreifen. Bellegarde sollte diesen Angriff unterstützen. Danach ritt Carl ins Zentrum, um persönlich den weiteren Verlauf der Kämpfe zu überwachen. Die Schlacht strebte ihrem Höhepunkt zu. Am Beginn des französischen Angriffs gelang es Carl, die Infanterie in guter Ordnung zu halten, wenn auch hohe Verluste hingenommen werden mussten. Mit Hilfe der Artillerie konnte Lannessogar gestoppt werden, woraufhin der Marschall seine Kavallerie (ca. 9.000 Mann) auf breiter Front in den Angriff schickte. Diesmal musste die österreichische Kavallerie hinter die Infanterie zurückweichen, die aber selbst Auflösungserscheinungen zeigte. Als hier das Regiment Zach unter besonders heftigen Druck geriet und zu zerbrechen drohte, kam es zum berühmten Eingreifen des Erzherzogs, das seither, in ungezählten Varianten, falsch dargestellt wurde. Carl hielt die Fahne des Regiments sicher nicht hoch, zumal er, laut eigener Aussage, dazu körperlich gar nicht in der Lage gewesen wäre.

Trotzdem ist es seinem mutigen persönlichen Einsatz zu danken, dass in diesem kritischen Moment der Angriff der Franzosen gestoppt werden konnte. Lannes hätte hier und jetzt Verstärkungen gebraucht, um noch den Erfolg herbeizuführen, aber gerade in diesem Augenblick erfuhr er, dass die Brückenverbindung mit dem Südufer unterbrochen worden war und dass mit weiteren Truppen nicht zu rechnen sei. Unterdessen war Aspern von Hiller wieder erobert worden. Ein halbherziger Versuch Massnas, Aspern zu erstürmen scheiterte, und Napoleon sah nun die Hoffnungslosigkeit der Situation ein, und um 11 Uhr erteilte er den Rückzugsbefehl. Dieser Befehl beendete die Kampftätigkeit noch keineswegs, denn die beiden Ortschaften waren für die Deckung des französischen Rückzugs von grosser Bedeutung. Aspern wurde insgesamt sechs mal von Hiller erobert und blieb in österreichischer Hand. Ein Flankenangriff auf die französischen Rückzugslinien gelang jedoch nicht, und Essling konnte auch nach weiteren schweren Angriffen nicht vollständig eingenommen werden. Die französische Kaisergarde verhinderte diese Versuche, den französischen Rückzug in eine heillose Flucht zu verwandeln. Aus diesem Grund findet man auch den Namen ,,Essling" als Siegesehrung auf französischen Fahnen. Napoleon war zufrieden mit der Tatsache, dass die Österreicher seinen Rückzug nicht erschwerten und zog sich auf die Lobau zurück. Der Erzherzog suchte nur weitere schwere Kämpfe zu vermeiden - entgegen der Meinung seiner Umgebung - die hier wohl eine Gelegenheit sah, Napoleon noch entscheidender zu schlagen.

Es ist jedoch mehr als fraglich, ob sich eine wirkliche Gelegenheit bot. Was für Napoleon bereits feststand, nämlich die Notwendigkeit einer weiteren Schlacht, um seine erste persönliche Niederlage wettzumachen und seine politische Zukunft in einem alles entscheidenden Sieg zu sichern, war auch dem Erzherzog klar. Nun ging es darum, Verstärkungen herbeizuschaffen, um gleichgerichteten Bestrebungen Napoleons entgegenzuwirken. Während der nächsten sechs Wochen zogen beide Feldherrn alle verfügbaren Reserven an sich, und Napoleon bereitete den zweiten Übergang über die Donau sorgfältiger vor. Er hatte einsehen müssen, dass die Österreicher sehr wohl ein ebenbürtiger Gegner geworden waren; auch für den grössten Feldherrn der Moderne. 

ZURÜCK
HOME
WEITER
a05_04