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Der Vaterländische Krieg des Jahres 1812
(Ein Überblick)

Bei Kriegsausbruch im Juni 1812 belief sich die Stärke der "Grossen Armee" einschließlich der preussischen und österreichischen Hilfskorps auf rund 450.000 Mann. Davon standen Anfang August Mac Donald mit dem Preussischen Hilfskorps (20.000 Mann) vor Riga, die Division Grandjean (12.000 Mann) in Dünaburg, Ondinot (37.000 Mann) und der ihm zur Verstärkung gesandte St. Cyr (25.000 Mann) in Polotsk, die Division Dombrowsky (12.000 Mann) des Korps Poniatowsky in Mogilew und das Kavalleriekorps Latour-Maubourg (8.000 Mann) in Rogatschew zur Beobachtung der Festung Bobruisk und des bei Mosyr stehenden russischen Korps, das österreichische Hilfskorps (34.000 Mann) mit dem ihm unterstellten sächsischen Korps Reynier (17.000 Mann) in der Gegend von Rruzhanij gegenüber Tormassow, also rund 165.000 Mann für Nebenaufgaben. Die Hauptkräfte unter Napoleon traten ohne jede Kriegserklärung den Vormarsch auf Moskau zunächst mit rund 285.000 Mann an. Wie schnell sie dann zusammenschmolzen, werden wir sehen.

Diesen Kräften gegenüber verfügte das Zarenreich über folgende Truppen:
 

Aktive Armee mit Garde und neu gebildeten Regimentern 

Garnisionstruppen 

Irreguläre Truppen (Kosaken usw.) 

Zeitweise errichtete Hilfskorps 

Landwehr 

Insgesamt 

815.000 Mann

65.000 Mann

100.000 Mann

10.000 Mann

330.000 Mann

1,320.000 Mann

Ein grosser Teil dieser Truppen stand allerdings nur auf dem Papier. Zu viele bereicherten sich an den vom Zaren ausgesetzten oder in den Militärbezirken eingetriebenen Geldern und führten lediglich "tote Seelen" in ihren Listen. Ausserdem konnten die von den Franzosen nicht bedrohten Reichsteile nicht völlig ohne militärischen Schutz gelassen werden. So standen noch vier Armeen an anderen Grenzen: in Finnland 30.000 Mann, an der Donau 87.000 Mann, auf der Krim 19.500 Mann, und im Kaukasus 24.000 Mann; Insgesamt also 160.500 Mann.

Den einfallenden Franzosen traten folgende Kräfte entgegen: die 1. Westarmee mit 118.000 Mann an der Memel mit dem linken Flügel bei Grodno; die 2. Westarmee mit 35.000 Mann im Raume Bialystok und die 30.000 bis 35.000 Mann starke Reservearmee um Luck, insgesamt höchstens 182.000 Mann. Das Manifest vorn 6. Juli 1812, in dem das Volk in Massen zu den Waffen und zum "Heiligen Krieg" aufgerufen wurde, trug wesentlich zur Verschiebung der Stärkeverhältnisse bei. Doch die Qualität dieser Massen von Soldaten reichte nur dazu aus, Deserteure und halb verhungerte Versprengte zu erschlagen. Die Hauptlast mußte auch bei den Russen die aktive Truppe tragen. Die Irregulären (z.B. die Kosaken) eigneten sich zwar hervorragend zur späteren Verfolgung und Beunruhigung des Feindes, taten aber selbst in den Befreiungskriegen im verbündeten Ausland später der eigenen Sache recht oft durch ihr undiszipliniertes Verhalten und durch Plünderungen Abbruch. Ihre Stärke lag weniger in der Verwendung als Schlachtenkavallerie, als in der Aufklärungstätigkeit und im Stören der rückwärtigen Verbindungen des Feindes.

Wie kam es, daß die französische Grosse Armee so rasch zusammenschmolz und der Feldzug in Russland mit einer Katastrophe endete?

Falsch ist es, zu behaupten, der russische Winter habe die Grosse Armee besiegt. Solche Erzählungen gehören zu den Märchen der Geschichte, die wohl dadurch entstanden sind, daß Einzelberichte über die Leiden der hungernden und frierenden Soldaten nach dem Rückzug über die Beresina zu hoch bewertet wurden, obwohl das entsetzliche Schicksal, das den Einzelnen traf, nicht unterschätzt werden darf. Aber es war doch 1812 so, daß der Winter erst ungewöhnlich spät einsetzte und auch verhältnismäßig mild blieb. Doch wirkte er auf die, an das Klima nicht gewohnte französische Truppe schrecklich, zumal sie über keinerlei Wetterschutz, etwa in Form von Zelten verfügte. Die wenigen Ortschaften boten kaum Unterkunftsmöglichkeiten, weil die Russen sie oft niederbrannten. Ausfälle durch Kälte mußten deshalb zwangsläufig auch bei ,,mildem" russischem Winter die Folge sein.

Die wichtigste Ursache für den Untergang ,,Grande Armee" lag darin, daß Napoleon nicht in Lage war, sein Heer ordnungsgemäß zu versorgen.

Gewiß hatte er gewaltige Depots an der russischen Grenze aufgebaut, aber der Nachschub erreichte die Truppe in dem weglosen Land und bei den damaligen Transportmitteln nur zum kleinsten Teil. Dazu kamen noch die unerhörten Entfernungen; auch Unterschleife und Plünderungen durch die eigene Truppe kamen vor.

Als der Feldzug begann, trieb die Truppe in gewohnter Weise ihre Versorgungsgüter durch Requisition bei der Bevölkerung ein. Solche Massen konnten sich aber unmöglich aus dem noch heute dünn besiedelten Land mit seiner schlechten Agrarwirtschaft und den riesigen unbebauten Flächen ernähren. Die Requisitionskommandos waren daher gezwungen, auch weit abseits der Marschwege zu requirieren. Jetzt aber zeigten sich erstmals die ganzen Mängel dieses Systems, denn viele versuchten, sich auf eigene Kosten zu bereichern, verließen bei dieser günstigen Gelegenheit die Truppe und zogen als Marodeure durchs Land. Die Zahl der Deserteure stieg ins Unermeßliche.
  

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